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Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Nein? - Druckversion

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Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Nein? - M.P.Rator - 03-13-2011 04:27 PM

Mich interessiert eure Meinung zur Atomkraft, insbesondere aber eure Argumente. Ich persönlich schwanke zwischen grundsätzlicher und überwiegender Ablehnung der Kernkraft. Da ich keinerlei technische Bildung habe, kann ich die Risiken leider nicht richtig beurteilen.

Hier ein paar Punkte, die mir Kopfschmerzen bereiten:

Argument: Die neueste Kraftwerkgeneration ist fast zu 100 Prozent sicher, d.h. ein Unfall ist sozusagen unmöglich.
Gegenargument: Kann sein, kann ich nicht beurteilen. Aber was ist mit der grossen Zahl älterer AKWs, die noch immer im Betrieb sind?

Argument: Heutige AKWs sind gegen alle vorstellbaren Risiken gewappnet.
Gegenargument: LOL klar. Was ist mit den unvorstellbaren Risiken? Siehe Japan. Auch bei uns sind kaum vorstellbare Risiken vorhanden: Überschwemmungen, Erdbeben (siehe Basel 1356), Terroranschläge, Meteoriteneinschläge (ja lol, aber früher oder später wird es passieren - und die Radioaktivität ist auch in 10K Jahren noch da, bis dahin hat der Meteorit vielleicht eingeschlagen und die Radioaktivität in die Atmosphäre befördert). Mein Punkt ist der: Kernkraft und Radioaktivität sind dermassen langfristige Risiken, dass sie nicht wirklich kontrollierbar sind.

Argument: Kernkraft ist sauber, keine Treibhausgase.
Gegenargument: Kann ich leider nicht beurteilen. Ich habe schon oft gehört, dass, wenn man Kraftwerkbau, Uranabbau, Aufbereitung und so miteinberechnet, die Bilanz plötzlich nicht mehr so rosig aussieht. Wer weiss mehr?


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - Paxinor - 03-13-2011 06:01 PM

pro:

ist Kernkraft vollständig sicher? definitiv nicht

sind Kernkraftwerke tickende zeitbomben? nein. Finde jetzt auch Japan selbst nicht supersick, das Erdbeben an sich war obv 1000 mal sicker als MEHRFACHE (!!!) GAUs... Wenn das Katastrophenmanagement stimmt, sind die gefahren relativ tief. Ich behaupte das Problem ist, das Atomare Strahlung von der Bevölkerung von der Gefährlichkeit her völlig überschätzt wird im vergleich zu gefahren anderer Energiegewinnungsverfahren.

Ich kann auf die schnelle keine Energiegewinnung nennen, die weniger invasiv ist, als Atomkraft, selbst wenn man mit GAUs rechnen muss. Dämme können brechen, überschwemmungen verursachen, Kohleabbau ist gefährlich, Solarkraft aufgrund der hohen Kosten ebenfalls invasiv etc.

Ich hätte jetzt mal behauptet es gibt kaum eine Energiegewinnung die ein geringeres potential an kausalen todesfällen besitzt. Wieviele Menschen sind schon wegen Kohleenergie gestorben, wieviel naturraum haben wir mit Wasserkraft und Ölkraft verschandelt und wie soll Solarkraft finanzierbar sein, ohne abstriche bei Gesundheitswesen und altersvorsorge etc zu machen?

das problem ist halt: Atomenergie ist emotional vorbelastet durch die Atombombe, und das schlechte krisenmanagement der Russen in Tschernobyl, die die hauptursache der relativ hohen zahl antodesfällen sind (wohl trotzdem kein vergleich der todeszahlen von kohlekraft), z.B. gabs ja ne kernschmelze auf three mile island, die keine probleme verursachte...

Die Leute überschätzen das zerstörungspotential von Atomkraft und unterschätzen das anderer energiegewinnungsarten. Sollte es ne bessere alternative zu atomstrom geben nur her damit... aber leider gibts im moment keine


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - Nimifluk - 03-13-2011 06:05 PM

Naja, die Grundidee ist ja nocht mal so schlecht, mittels Kernspaltung Strom zu produzieren, aber in Anbetracht der Nachteile kaum ein sinnvolle langfristige Lösung.

Die aufgezählten Bedenken sind durchaus berechtigt.

Problempunkte:
- Uranabbau
- Energie zur Anreicherung
- Keine sinnvolle Lösung für den 'Abfall'
- Halbwertszeiten weit über menschliche Generationen, irgendwann verkommen die Warnschilder zu Hieroglyphen
- Unkontrollierter Spaltungsprozess (nie lösbar)
- Wir haben keine Sinne für radioaktive Strahlung im für uns gefährlichen Bereich
- Ein GAU ist immer möglich, auch wenn die Eintrittswahrescheinlichkeit gering ist, der Schaden ist immens und hält sehr lange an

Im Ganzen fehlt halt eine vernünftige nachhaltige Energie-Politik mit ausreichender Förderung neuer Technologien. Wie in vielen anderen Bereichen auch, darf es halt nicht den wirtschaftlichen Interessen untergordnet werden, wenn es um die Allgemeinheit geht.


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - Märchy - 03-13-2011 06:07 PM

Bin persönlich auch nicht glücklich über die Atomkraft an sich und hätte sie lieber nicht. Nur so wie ich das sehe, sind die Alternativen nicht wirklich besser. Wasserkraft haben wir beispielsweise fast zu 100% ausgereizt, Gas und Kohle sind ganz üble Dreckschleudern, Solar & Wind sind von den Umweltbedingungen her für die Schweiz nicht ideal und ausserdem (noch) viel zu ineffizient.... Meine Meinung: Solange nicht eine neue Technologie entwickelt wird, die den anderen um Längen überlegen ist, werden wir wohl oder übel damit leben müssen...

Dass immer ein Restrisiko bleibt, ist klar. Allerdings halte ich das doch für relativ gering. Ich meine, ich weiss nicht genau wie viele Opfer der Atomstrom (nicht die Nukleartechnik) schon gefordert hat, aber verglichen mit der Menge an weltweit erzeugter Energie werden es nicht sehr viele sein.

Dass die heutigen AKW's zu 100% sicher sind, ist natürlich ein absoluter Witz. Niemand, der einigermassen bei Trost ist, kann so was ernsthaft behaupten, dafür muss man auch kein Ingenieur oder sonst ein Experte sein.
Die Frage ist doch: reicht es uns, wenn es 99.99% sind?

Frage: Was ist eigentlich der absolute worst case, der passieren kann bei einem AKW?


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - Nimifluk - 03-13-2011 06:24 PM

Märchy schrieb:Frage: Was ist eigentlich der absolute worst case, der passieren kann bei einem AKW?
http://www.youtube.com/watch?v=xo55jk0HFWA ab 6:20 ;-)

Es gibt diverse Lösungansätze zur Reduktion des Energieverbrauchs (man kann Strom nicht isoliert betrachten):
- weniger Energie verbrauchen :shock:
- Lebensdauer der Produkte erhöhen
- Individualverkehr reduzieren
- Güterverkehr optimieren
- ....

BTW: Dass neue Technologien noch nicht so effizient sind ist weder ein Grund diese zu ignorieren noch pauschal als unbrauchbar zu taxieren. Mit einer Thermosolaranlage (ein paar qm, Standort Embrach) kann z.B. 80% der Wärme gewonnen werden (Warmwasser und Heizung), welche der vier köpfige Haushalt übers ganze Jahr benötigt. Beispiel ist ein EFH, dies kann aber auch auf MFH angewendet werden, ist letztlich nur eine Frage des Willens, aber da der Vermieter nix daran verdient ist es ihm obv egal.


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - M.P.Rator - 03-13-2011 06:34 PM

Paxinor schrieb:das problem ist halt: Atomenergie ist emotional vorbelastet durch die Atombombe, und das schlechte krisenmanagement der Russen in Tschernobyl, die die hauptursache der relativ hohen zahl antodesfällen sind (wohl trotzdem kein vergleich der todeszahlen von kohlekraft), z.B. gabs ja ne kernschmelze auf three mile island, die keine probleme verursachte...

Die Leute überschätzen das zerstörungspotential von Atomkraft und unterschätzen das anderer energiegewinnungsarten. Sollte es ne bessere alternative zu atomstrom geben nur her damit... aber leider gibts im moment keine

emotional vorbelastet - ja, aber mit recht. mag sein, dass die kohlekraft mehr leute auf dem gewissen hat, als die atomkraft. der unterschied ist, dass radioaktivität eine heimtückische bedrohung ist. wir können sie nicht wahrnehmen. "unschuldige" sind genause betroffen wie "schuldige", im unterschied zu verschütteten grubenarbeitern beim abbau von kohle. ausserdem muss uran auch abgebaut werden.

die wiederaufbereitung der brennstäbe ist auch ein riesen problem. der grossteil der europäischen brennstäbe kommt aus einer aufbereitungsanlage in russland (habe mal ne sf sendung darüber gesehen). kamerateams sind dort nicht erlaubt. das gebiet rund um die anlage ist total verseucht. mengenmässig sind dadurch sicherlich weniger arbeiter betroffen als zb durch kohleabbau, aber die sache ist trotzdem hochproblematisch.

und eine einfache EV-rechnung mit menschenleben ist sowieso nicht zulässig, wegen den unabschätzbaren langfristigen auswirkungen der radioaktivität.

heute können wir nicht vollständig auf die atomkraft verzichten. aber wir sollten so schnell wie möglich einen wandel zu anderen energiegewinnungen vollziehen und weiter energie einsparen. der bau neuer atomkraftwerke setzt völlig falsche zeichen und anreize. wie soll denn eine alternative energie profitabel werden, wenn die atomkraft in den kommenden jahrzehnten immernoch den ton angeben wird?


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - eglifish - 03-13-2011 06:42 PM

Es gibt keinen ernstzunehmenden Experten der Atomkraft als die Lösung für die Zukunft sieht imho.

Sie ist als Übergangslösung anzusehen, damit es keine allzu grosse Lücke gibt.

Früher oder später werden regenerierbare Energieträger die (neuen) Energielieferanten sein, die Frage ist nur, wie lange es noch geht bzw. mit welchen Auswirkungen auf uns (Stichwort Energieverbrauch z.B.).

Aber in diesem Übergang sind AKW's unverzichtbar imho.


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - klitschko - 03-13-2011 09:21 PM

eglifish schrieb:Sie ist als Übergangslösung anzusehen, damit es keine allzu grosse Lücke gibt.

Früher oder später werden regenerierbare Energieträger die (neuen) Energielieferanten sein, die Frage ist nur, wie lange es noch geht bzw. mit welchen Auswirkungen auf uns (Stichwort Energieverbrauch z.B.).

Aber in diesem Übergang sind AKW's unverzichtbar imho.

Grundsätzlich this imo.

Man sollte sich das Konzept des Energy Returned on Energy Invested (ERoEI) <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/ERoEI">http://de.wikipedia.org/wiki/ERoEI</a><!-- m --> zu Gemüte führen.

Die Werte schwanken je nach Quelle stark, aber die Reihenfolge stimmt etwa.

Tatsächlich ist es so, dass Solar v.a. aber auch Wind je nach Technologie (wird laufend verbessert) gar nicht so schlecht darstehen und vielversprechender sind als viele denken.

Kernkraft hat ein ERoEI von 4 wobei das "Problem" des Endlagerns nicht berücksichtigt wird im Ratio. Auch andere Probleme nicht. Imo sollte man auf jeden Fall darauf verzichten neue AKWs zu bauen, denn so legt neue Technologien unnötig Steine in den Weg.


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - M.P.Rator - 03-13-2011 09:32 PM

klitschko schrieb:Man sollte sich das Konzept des Energy Returned on Energy Invested (ERoEI) <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/ERoEI">http://de.wikipedia.org/wiki/ERoEI</a><!-- m --> zu Gemüte führen.

cool, kannte ich noch nicht. biomasse und wasserstoff sind weniger als 1. heisst das, dass man damit effektiv energie "vernichtet"?


Re: Umfrage und (sachliche) Diskussion: Atomkraft Ja oder Ne - klitschko - 03-13-2011 09:49 PM

richtig...

Habe bei Ethanol z.T. auch schon Werte unter 1 gesehen. -> siehe E10 Verarsche in Deutschland.