raise.ch
Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - Druckversion

+- raise.ch (http://raise.ch/forum)
+-- Forum: Off-Topic (/forumdisplay.php?fid=9)
+--- Forum: Allerlei (/forumdisplay.php?fid=34)
+--- Thema: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? (/showthread.php?tid=9856)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - armi94 - 10-26-2012 01:20 PM

@h4zl
Was soll daran eine Ausrede sein? Entweder du hast die Meinung dass alle Menschen völlig prosoziale Präferenzen haben und tiefe Diskontraten, also die Zukunft ähnlich hoch wertschätzen wie die Gegenwart auch wenn sie u.U. dann gar nicht mehr leben. Oder du bist der Meinung, dass Menschen eher eigennützig handeln in der Regel und eher hohe Diskontraten brauchen um den Wert der Zukunft zu messen. Ich mein man kanns schon nur anekdotisch zeigen dass Menschen eben bei vielen Dingen nicht prosozial handeln, sonst hätten wir keine der tausenden Tragödien der Allmende (dort wo Menschen sich organisieren damit es nicht zu einer Tragödie kommt, selbst dort verwenden diese Gruppen Strafen um Mitglieder einen Anreiz zu geben sich entsprechend dem Gesamtwohl zu verhalten, siehe Ostrom). Firmen gehören Menschen und wenn Menschen überwiegend nicht prosozial Handeln oder zumindest ein genügend grosser Teil werden sie ihren Handlungsspielraum (hier sogar legal!) ausnützen. Ich mein du kannst ja mit deinen Präferenzen auf politischer Ebene abstimmen und als Konsument und Nestle damit abstrafen. Genau das könnten andere Menschen auch. Meist haben wir da aber schon wieder ein public goods Problem das nur existiert weil Menschen eigennützig handeln. Viele Menschen finden es schlecht, wieso sollten sie aber einen vernachlässigbaren Beitrag leisten wenn dass andere schon machen?

Ich mein es ist bequem der "Firma" die Schuld zu geben, die Firma gehört aber Menschen welche die Entscheidungen treffen. Falls du irgendwann Pensionskassengelder ausbezahlt bekommst dann waren die unter anderem auch in Nestle investiert.

Grundsätzlich: wenn man davon ausgeht dass Menschen extreme prosoziale Präferenzen haben, dann müssten wir praktisch keine Institutionen aufbauen. Wenn wir aber nicht davon ausgehen dann müssen wir Institutionen aufbauen die auf eine möglichst effiziente Art den Handlungsspielraum von Firmen etc beschränken. Diese Beschränkung liegt am besten darin, einen kompetitiven Markt zu gestalten und alle Externalitäten zu internalisieren (fast unmöglich, aber auch der erste Teil kann immer noch die zweitbeste Lösung sein).

PS: es ist natürlich auch wichtig die Informationsasymmetrie zwischen Firmen und Konsumenten zu verringern, damit diese besser gemäss ihren Präferenzen "abstimmen" können. zb das gepostete youtube Video oder comparis.ch etc.

-- Beitrag erweitert: 26.10.2012, 12:18 --

btw ich finde es persoenlich wuenschenswert prosoziale praeferenzen zu foerdern aber man kann zumindest kurzfristig und ich bezweifle das auch fuer die lange Frist nicht nur darauf abstellen


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - h4Zl - 10-26-2012 07:19 PM

ok das leuchtet mir alles ein.

im Film wird behauptet, dass sich Nestle selber einen Markt dafür geschaffen hat, indem sie das Wasser abpumpen und wieder verkaufen weil es kein anderes trinkbares Wasser mehr gibt. Die Frage ist doch, gab es denn vorher wirklch günstigeres sauberes Wasser? Wenn das wirklich so wäre, dann wären die Länder ja sau dumm? Ich meine in der Schweiz würde dies nicht gehen, weil man mehr für das Wasser welches man fördert zaheln muss? Wie ist das, weiss das einer?

bitte wenns geht nicht allzuviele fremdwörter, fachwörter verwenden, so bleibts spannender für alle.


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - armi94 - 10-30-2012 01:12 PM

Entschuldigung, hab mich verleiten lassen.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.cato-unbound.org/2008/11/10/roderick-long/corporations-versus-the-market-or-whip-conflation-now/">http://www.cato-unbound.org/2008/11/10/ ... ation-now/</a><!-- m -->
Guter Blog zu Markt vs grosse Firmen.


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - Paxinor - 11-01-2012 09:20 AM

@spekulation <!-- m --><a class="postlink" href="http://cafehayek.com/2012/10/stop-the-speculators.html">http://cafehayek.com/2012/10/stop-the-speculators.html</a><!-- m -->


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - YrrsiN - 11-04-2012 05:36 PM

So, ich habe nun endlich mal die Zeit gefunden ein bisschen eine längere Antwort zu schreiben.. Ich hab nun mal in meinen Unterlagen und Links gewühlt und bin auf einige lange Texte gestossen. Ich weiss es ist mühsam so lange Texte durchzulesen, aber es würde mich freuen, wenn sich einige auf ne gute Diskussion einlassen würden (Paxi und Armi haben ja sowieso mehr Kenntnisse als ich oder die meisten hier).
Um gleich mal auf Paxis letzten Post einzugehen: wenn der Finanzmarkt und mit ihm die Spekulationen so wären, wie sie in diesem „Leserbrief“ an die Washington Post dargestellt ist, so wäre daran natürlich nichts zu kritisieren. Doch der heutige Finanzmarkt hat sich in einigen Bereichen (natürlich überhaupt nicht in allen) schon seit geraumer Zeit von der Realität verabschiedet. Gewisse Spekulationen gehen über den Bezug zur realen Güterproduktion hinaus und es hat sich ein sogenannter „Meta-Wertpapiermarkt“ entwickelt, welcher abgekoppelt vom Welthandel funktioniert.
Zudem sorgt die Möglichkeit, nicht nur auf der Bank arbeitslose Rendite zu generieren dafür, dass die Umverteilung von den ärmeren zu den reicheren Menschen noch stärker ansteigt. Unter anderem nur schon durch den Zustand, dass viele Leute gar nicht die Möglichkeit besitzen auf diesem Markt teilnehmen zu können. Hier noch ein Paper, dass weitere Kritikpunkte anspricht:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oegpw.at/tagung09/papers/PA3_huffschmid.pdf">http://www.oegpw.at/tagung09/papers/PA3_huffschmid.pdf</a><!-- m -->
„Die hier vertretene These besagt also, dass der wesentliche Hintergrund für die Herausbildung des FMK (Finanzmarktkapitalismus) die konservativen Gegenreformen sind, die Mitte der 1970er Jahre begannen und noch nicht zu Ende sind. Sie haben politisch zu einer massiven Verschiebung der Kräfteverhältnisse zugunsten des Kapitals und ökonomisch zu einer neuen Akkumulationsdynamik geführt, die alte Probleme in neuer Form mit sich bringt.“
Weiter zeigt er in Abbildung 1, dass die Finanzvermögen heutzutage fast das 4fache des Sozialprodukts übertreffen. Der Bezug zur realen Wirtschaft ist also irgendwo verloren gegangen. Und dadurch, dass „die Ansprüche auf Gewinne aber langfristig schneller steigen, als die Wertschöpfung, entsteht eine kritische Lage, die als strukturelle Überakkumulation (Stephan Krüger 2007, 2008) bezeichnet werden kann: Die Verwertung des angehäuften Kapitals wird immer schwieriger.“
„Strukturelle Überakkumulation ist also keine grundsätzlich neue Problematik kapitalistischer Entwicklung. Im Unterschied zu früheren Phasen der Entwicklung schlägt sie sich in den letzten beiden Jahrzehnten aber weniger in der Unterauslastung von tatsächlich bestehenden Produktionskapazitäten nieder, sondern in der Anhäufung von Finanzmitteln, die gar nicht erst in Produktionskapazitäten investiert werden. Das aber schafft neue Konstellationen.“
Mich würde interessieren, was ihr von seiner Umverteilungskritik, seiner „Logik des Kapitals“ und der Analyse des Finanzmarktkapitalismus hält. Was ich von seinen angesprochenen Lösungen halten soll weiss ich nicht (aber die Kritik an der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen teile ich auf jeden Fall).


Er spricht in seinem Paper auch noch ein bisschen die Hypothekenkrise an. Ich denke anhand von dem Beispiel, kann man die Gefahr, welche vom Spekulationsmarkt ausgeht, ziemlich gut erläutern. Es ist in meinen Augen wichtig zu erkennen, dass wir die Zukunft nicht abschätzen bzw von der Vergangeheit ableiten können. Jedoch war genau das Gegenteil der Fall: so haben zum Beispiel die Menschen blindlings dem andauernden Wirtschaftswachstum vertraut, woraus sich auf dem Finanzmarkt wiederum neue Produkte und Verfahren entwickelt haben, welche meistens sehr kurzfristige Strategien verfolgten. Sogar die ursprünglich langfristigen „fixed-rate loans“ wurden unattraktiv und oft von den „adjustable-rate mortages“ abgelöst.
Es geht den Händlern nur noch darum, genügend Erträge zu erzielen und so viel Bonus zu kriegen wie möglich. Aber niemand kümmerte sich um die längerfristigen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Und auch die Idee, dass die eigennutzorientierten Handlungen aller Teilnehmer auf dem Subprime-Markt für alle zum Besten resultieren wird, stellte sich als eine Illusion heraus. Unter anderem nur schon auch aus dem Grunde nicht, weil die Rating-Agenturen nicht unabhängig von den Wall Street Unternehmen tätig waren, obwohl dies eigentlich deren Aufgabe sein sollte. Die Unternehmen bezahlten grosse Gebühren um ihre Produkte „richtig“ bewerten zu lassen (Quelle: Cassidy)
Als Laie kann ich allen anderen Laien „How Market Fails“ von John Cassidy empfehlen! Ich bin auch noch nicht ganz durch, aber könnte einige Kapitel zu diesem Thema per Email als pdf-Dateien verschicken, sofern jemand Interesse hat. Es behandelt in einem Kapitel unter anderem die „Effizienmarkthypothese“ sowie Benoit Mandelbrots Kritik an dieser Hypothese (siehe dann auch Nassim Taleb). Und in 3-4 anderen Kapitel behandelt Cassidy noch die Finanzkrise 2007/08; alles auf eine Art und Weise bei welcher man keine grossen Mathematik-Kenntnisse benötigt.

Vielleicht kennen einige von Euch Nassim Taleb (hier ein sehr empfehlenswerter Artikel von Malcom Gladwell: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.gladwell.com/pdf/blowingup.pdf">http://www.gladwell.com/pdf/blowingup.pdf</a><!-- m -->
)? Seine „Schwarze Schwäne Theorie“ (er selber würde den Begriff Theorie ablehnen) ist eine interessante Analyse, wie wir unsere Vergangenheit und vor allem unsere Zukunft falsch einschätzen und wahrnehmen und das Gefühl haben, wir könnten alles statistisch vorhersehen und dementsprechend spekulieren. Der „Schwarze Schwan“ geht auf Karl Poppers Wissenschaftstheorie zurück , welche besagt, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gegenüber der Richtigkeit einer Theorie gibt, sondern bloss das Wissen über deren mögliche Falsizfizierbarkeit. Daraus folgt der Schwarze Schwan: “No amount of observations of white swans can allow the inference that all swans are white, but the observation of a single black swan is sufficient to refute that conclusion“.
Im Finanzmarkt wird nach Taleb die Wahrscheinlichkeit dieser „schwarzen Schwäne“ (in diesem Fall: „possibility of some random, unexpected event sweeping the markets“) ausser Acht gelassen. Den Finanzmarkt kann man nach ihm nicht statistisch analysieren, da er längerfristig keiner Normalverteilungskurve folgt. „The economist Eugene Fama once pointed out that if the movement of stock prices followed a normal distribution you’d expect a really big jump—what he speci- fied as a movement five standard deviations from the mean—once every seven thousand years. In fact, jumps of that magnitude happen in the stock market every three or four years, because investors don’t behave with any kind of statistical orderliness. They change their mind. They do stupid things. They copy each other.They panic.“
Talebs Trading-Philosophie beruht demenstprechend darauf, dass er nie Optionen verkauft, sondern diese nur kauft. Er setzt logischerweise auch nie auf eine bestimmte (Markt-)Richtung, dass würde nach ihm ja bedeuten, dass er den Markt verstehen würde, was er aber nicht von sich behauptet.


Um also wieder zur Finanzkrise zurückzukommen. Klar ist jede Blase auf ihre Art und Weise zu unterscheiden, aber alle davon weisen drei gemeinsame Eigenschaften auf (sorry dass ich hier oft auf Englisch zitiere, aber es ist definitiv einfacher und es besteht nicht die Möglichkeit, dass ich die Aussage falsch weitergebe): policymakers beholden to the illusion of stability; financial innovations that make speculationg easier; and New Era thinking typified by overconfidence and disaster myopia (Cassidy). Der erste und letzte Punkt wurde schon ein bisschen angesprochen, der zweite Punkt ist offensichtlich einiges komplexer und benötigt wohl mehr Kenntnisse, aber viel geholfen hat mir in dieser Hinsicht der Text von Brunnermeier (ich weiss das Paper ist ziemlich anstrengend zu lesen für einen Laien, aber für alle die sich dafür interessieren ein Muss Wink <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.princeton.edu/~markus/research/papers/liquidity_credit_crunch.pdf">http://www.princeton.edu/~markus/resear ... crunch.pdf</a><!-- m -->). Seine Hauptaussage findet man schon auf der zweiten Seite und geht dann vertiefter darauf ein: „Two trends in the banking industry contributed significantly to the lending boom and housing frenzy that laid the foundations for the crisis. First, instead of holding loans on banks’ balance sheets, banks moved to an “originate and distribute” model. Banks repackaged loans and passed them on to various other financial investors, thereby off-loading risk. Second, banks increasingly financed their asset holdings with shorter maturity instruments. This change left banks particularly exposed to a dry-up in funding liquidity“

Nach der Finanzkrise 2007 stellt sich je länger je mehr die Frage was geändert werden muss. Auch hier greife ich lieber auf die Expertenmeinung von Brunnermeier und co zurück, als selber etwas zusammenzulabern (<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.princeton.edu/~markus/research/papers/Geneva11.pdf">http://www.princeton.edu/~markus/resear ... neva11.pdf</a><!-- m -->).
„The crisis has involved a regulatory failure as much as anything else. Our solution is not more regulation per se, though that may well be required in some areas, but better and different regulation. This is not the first banking crisis that the world has seen. It is more likely to be nearer the one hundredth. If crises keep repeating themselves, policy should change. But it also means that policy makers should not superficially over-react to the particular characters and colour of the current crisis. Schadenfreude at bankers' expense is satisfying, but it does not really get us anywhere. The crisis should be a call to remedy fundamental market failures that have either been ignored or
improperly dealt with in our regulation so far. „
„Network and counterparty credit risk problems are more easily overcome if a clearinghouse or another central authority or regulator knows who owes what to whom. Then, multilateral netting agreements, such as the service provided by SwapClear, can stabilize the system. However, the introduction of structured products that are typically traded over the counter has made the web of obligations in the financial system more opaque, consequently increasing systemic risk.“
Aber solange die Banken und co keine Haftung für ihre Handlungen übernehmen müssen und die Bevölkerung im Notfall für sie bezahlen muss, läuft in meinen Augen was falsch. Fehlhandlungen auf dem Finanzmarkt müssen so schnell wie möglich internalisiert und nicht von der öffentlichen Hand übernommen werden. Vielleicht hab ihr ja auch einige Vorschläge?! Tobin-Steuer? Einrichtung einer europäischen Ratingagentur (als Gegensteuer zu den privat wirtschaftenden US-Ratingfirmen)?


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - M.P.Rator - 11-05-2012 11:34 AM

Find's super, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Ich habe zwar nur die Hälfte verstanden, werde aber versuchen, die PDFs auszuwerten.

@armi: auch Deinen link werde ich noch genau durchlesen.

Paxinor schrieb:@spekulation <!-- m --><a class="postlink" href="http://cafehayek.com/2012/10/stop-the-speculators.html">http://cafehayek.com/2012/10/stop-the-speculators.html</a><!-- m -->
Den Vergleich finde ich aus moralischer Sicht problematisch. Die Hamsterkäufe von Wasser und Lebensmittel sind ja nicht von Profitgier motiviert. Jede Familie will sich einfach auf das worst case scenario vorbereiten. Afaik hat niemand die Safeway-Läden leergekauft um die Güter anschliessend an Notleidende zum doppelten Preis zu verkaufen. Und dies, obwohl es möglich gewesen wäre, denn: (und jetzt fange ich an zu werweisen) Ich gehe davon aus, dass Safeway die Preise für Trinkwasser und Nahrungsmittel im Vorfeld des Sturms nicht erhöht hat, obwohl die Konsumenten zu diesem Zeitpunkt wohl dazu bereit gewesen wären, höhere Preise für diese Produkte zu bezahlen. Safeway hat also gewissermassen Wert verschenkt und charity betrieben. Natürlich mit dem Hintergedanken, dass eine kurzfristige Preiserhöhung von jedem als reine Profitgier auf dem Buckel der Bedürftigen hätte durchschaut werden können und sich damit rufschädigend auf Safeway ausgewirkt hätte. Ein findiger Zwischenhändler hätte also die zu diesem Zeitpunkt die unterbewerteten Waren von Safeway im grossen Stil abkaufen können und an die Konsumenten zu den "echten" Preisen weitergeben können. Dass dies niemand gemacht hat, liegt wohl auch an moralischen Überlegungen und seinerseits an der Angst, den eigenen Ruf zu schädigen.

Ich kann jetzt nicht belegen, dass es beim Ölhandel fundamental anders zugeht als beim pre-Sandy-Safeway-Handel (obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass im Ölbusiness irgenwer charity betreibt). Ich wollte bloss verdeutlichen, warum ich nie auf die Idee käme, die Sandy-Hamsterkäufe als (moralisch verwerfliche) Spekulation zu bezeichnen. Haben die Konsumenten auf schlechte Zeiten spekuliert? Sicher. War's Spekulation aus Profitgier? Nein.


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - Paxinor - 11-05-2012 02:45 PM

M.P.Rator schrieb:Ich kann jetzt nicht belegen, dass es beim Ölhandel fundamental anders zugeht als beim pre-Sandy-Safeway-Handel (obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass im Ölbusiness irgenwer charity betreibt). Ich wollte bloss verdeutlichen, warum ich nie auf die Idee käme, die Sandy-Hamsterkäufe als (moralisch verwerfliche) Spekulation zu bezeichnen. Haben die Konsumenten auf schlechte Zeiten spekuliert? Sicher. War's Spekulation aus Profitgier? Nein.

der punkt war nicht die moral eigentlich, sondern das spekulation etwas gutes ist... der punkt ist ja der folgende: wenn leute nicht spekulieren, geht ihnen die nahrungsmittel aus.

Klar ist es sicher moralisch nicht verwerflich, spekuliert zu haben... aber darum geht es ja nicht: man betrachte die konsequenzen, des unterlassens des spekulierens... man hat plötzlich kein wasser mehr... und das ist das gleiche mit öl und nahrung... der preis muss zwingend steigen, damit mehr leute beginnen zeugs anzubauen, damit wir wieder mehr nahrung haben! ohne spekulation geht uns irgendwann die nahrung aus... (mal noch unabhängig vom dem logischen fehler, dass spekulanten quasi ins unendliche leute abzocken können)

und es fragt sich ob es wirklich etwas gutes ist, wenn supermärkte charity betreiben und die preise nicht erhöht werden. je nach dem gibt es eine viel effizientere allokation, wenn die preise steigen, weil dann kauft jeder nur so viel wie er braucht... aber das ist jetzt auch nciht der springende punkt

ich mein spekulation ist ja nichts anderes als folgendes vorgehen: man merkt, hey ich sollte jetzt x kaufen, weil ich morgen x besser verwenden kann... (selber verbrauchen, wieder verkaufen). Das ist ein sehr konstruktiver, überlegter prozess. Klar mach ich je nach dem viel gewinn damit (auch nur, wenn es genug dumme leute hat, die bereit sind dir etwas zu verkaufen, was unter dem wert von morgen ist). Aber man leistet auch etwas positives für die gesellschaft... man transferiert güter über die zeit... wie kann das etwas schlechtes sein? wenn es keine spekulanten gäbe, wären die preisausschläge noch viel grösser... weil ressourcen eben nicht "gespart" würden... (bzw. verbraucht würden, wenn es zu viel hat)


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - armi94 - 11-06-2012 08:59 PM

Wurde schon vor einiger Zeit gepostet und hab versprochen den Artikel noch anzuschauen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://politblog.derbund.ch/blog/index.php/13707/unser-berfluss-macht-andere-hungrig/?lang=de">http://politblog.derbund.ch/blog/index. ... g/?lang=de</a><!-- m -->
von Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne ZH)

Ich werde versuchen Schritt für Schritt des Artikels zu beurteilen (obvsly hab ich auch nur nen begrenzten Wissensstand).

Der Titel ist, zumindest zu einem gewissen Grad, irreführend wie die bisherige Diskussion hier gezeigt hat (Ausbeutung der dritten Welt). Das schweizer Fleisch mag natürlich mittels Futter, brasilianischer Herkunft sein, die Frage ist wo da das Problem liegt? Nahezu alle Produkte die wir konsumieren stammen nicht aus schweizer Produktion. Und dies aus dem Grund, dass Länder unterschiedliche Vorteile haben in der Produktion bestimmter Güter (komparative Vorteile). Dass führt zu extremen Wohlfahrtsgewinne und stellt in der Regel alle Handelspartner besser. Man stelle sich vor wir würden erwarten man müsste jetzt alle Elektronikartikel in der Schweiz produzieren.

Über weite Strecken widerspricht sich der Artikel massivst. So wird immer wieder betont dass man Marktöffnungen vollzogen hätte (für einzelne Konzerne und bestimmte Branchen), sowie dass die Entwicklungsbanken Industrien finanziert hätten. Wie man erkennen kann hat das nichts mit einem freien Markt zu tun, weder die Unterstützung gewisser Branchen durch die Entwicklungsbank (Verzerrung der Produktion) noch die Teilöffnung bestimmter Märkte (soviel ich weiss gibt die EU am meisten Geld für die Subventionierung der Landwirtschaft aus, wo sollten wir also da einen freien Markt haben). Was wir hier beobachten ist also alles andere als ein freier Markt, sondern oftmals wohl eher Politikmassnahmen.

Würden wir die Handelsbarrieren abbauen die momentan im Welthandel bestehen würde ein krasse Umverteilung statt finden und mit grosser Wahrscheinlichkeit würden über die lange Frist die Entwicklungsländer profitieren. Die Beispiele die im Artikel genannt werden sind wie gesagt alles andere als ein Indiz gegen freie Märkte (wo möglich).

Das Zitat: „neuester Exzess einer negativen Globalisierung“ ist für mich unverständlich wenn man sich die Pro-Kopf Medianeinkommen weltweit über die letzten Jahrzehnte anschaut, welche fast ausnahmslos gestiegen sein dürften. Und dabei sind die Menschen nicht glücklicher aber eben auch nicht unglücklicher geworden (siehe Glücksforschung), sie haben einfach an Wohlstand gewonnen. Steigendes (reales!) Einkommen hat noch viele weitere positive Effekte (höhere Opportunitätskosten für gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten wie Kriminalität). Zudem führt die Abhängigkeit von Nationen dazu, dass die Wahrscheinlichkeit für Kriege sinkt.

Das angesprochene Konzept der Ernährungssouveränität halte ich geradezu für unsinnig. Aufgrund der oben genannten relativen Vorteilen bei der Produktion von Gütern würden in der Regel alle Nationen schlechter gestellt wenn alle Nationen Ernährungssouveränität als Ziel haben. Dies aufgrund dessen, dass Produktionsfaktoren nicht an dem Ort eingesetzt werden wo sie am meisten bringen. Wenn nur die Schweiz selbst dies tun würde, würden einfach die Schweizer schlechter gestellt. Ernährungssouveränität führt also zu einer Schlechterstellung der Bevölkerung, was in armen Ländern mehr Armut bedeutet. Da Produktionsfaktoren „verschwendet“ werden und dadurch zB Nahrungsmittelpreise massiv höher sind.

Ich befürworte es wenn man durch einen „guten“ politischen Prozess Regeln einführt. Ich befürworte es wenn man Präferenzen so ändert, dass man ein soziales Dilemma (Ausbeutung der Ressourcen, saisonales Angebot und Nahrungsmittelabfälle) lösen kann oder ansonsten Institutionen so designt dass sie EFFIZIENTE Regulierungen (also in der Regel keine Regeln sondern Steuern) schaffen welche möglichst nicht Wettbewerbsverzerrend wirken.

Der Artikel kritisiert insgesamt offene Märkte welche nicht offen sind (nicht mal ansatzweise) und zeigt exemplarisch Beispiele auf bei dem nicht offene Märkte scheitern und schreibt dies Marktoffenheit zu. Desweiteren werden (implizit) Behauptungen aufgestellt welche ökonomisch unmöglich zutreffen können (Ernährungssouveränität->weniger Armut).

Ergänzung:
Ich will vorweg schicken dass wahrgenomme Ungerechtigkeit bei Marktresultaten meistens daher stammt dass es eben nicht Marktresultate sind sondern die Resultate von Marktbeschränkungen. Wir erhalten aber auch bei kompetitiven Märkten nicht „perfekte“ oder normalerweise als „fair“ betrachtete Resultate. Grund dafür ist wohl, dass wir mit unterschiedlichen Besitztümern starten BEVOR wir uns in eine Marktsituation begeben. Daher kann man nicht behaupten, dass eine Marktwirtschaft per se zu „ungerechter“ Vermögensverteilung führt. Dass die Vermögen nicht egalitär (gleich) verteilt sind, wünschen wir in aller Regel auch nicht und würde ebenfalls nicht als fair betrachtet.

Deshalb ist die grundlegende Haltung der meisten Ökonomen, dass man den Markt walten lässt sofern kein Marktversagen vorliegt (negative externe Effekte, steigende Skalenerträge (Monopole, Oligopole)). Das Marktresultat kann dann gemäss der Fairnessvorstellungen umverteilt werden (vorzugsweise über eine unumgängliche Steuer welche zu (möglichst) keiner Verzerrung der Allokation von Produktion führt z.B. Erbschaftssteuer).

Alle Regulierungen sowie die Umverteilungsmassnahmen sollen in eine kompetitiven politischen Prozess beschlossen werden, wo die Präferenzen der Bürger so gut wie möglich von den Politikern vertreten werden (direkte Demokratie, Förderung des Wettbewerbs zwischen Politikern etc.). Ist die Kontrolle der Politiker nicht gegeben können sie „Renten suchen“ in dem sie Regulierungen erlassen die ihre „Kundschaft“ bedienen (Pharmaindustrie, Bauern etc.). Dadurch werden häufig Markteintrittsbarrieren geschaffen welche dazu führen dass ein Markt nicht mehr kompetitiv ist und Firmen diskretionären Handelsspielraum erlangen (also eben einen höheren Preis zu verlangen als sie in einem kompetitiven Markt könnten). Offensichtlicherweise gibt es Politiker die moralisch Handeln und gemäss ihren Prinzipien. Hier wird aber davon ausgegangen dass Politiker grundsätzlich auch auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind (was für mich persönlich eine realistische Annahme ist).<br /><br />-- Beitrag erweitert: 06.11.2012, 19:59 -- <br /><br />Ich werde in diesem Post den ersten Absatz von Yrrsin kritisch beurteilen (alles auf einmal wäre wohl zu viel ;-)).

"Doch der heutige Finanzmarkt hat sich in einigen Bereichen (natürlich überhaupt nicht in allen) schon seit geraumer Zeit von der Realität verabschiedet. Gewisse Spekulationen gehen über den Bezug zur realen Güterproduktion hinaus und es hat sich ein sogenannter „Meta-Wertpapiermarkt“ entwickelt, welcher abgekoppelt vom Welthandel funktioniert."

Falls das so zutreffen würde, würden wir keine Effekte vom Wertpapierhandel auf die Realwirtschaft und umgekehrt beobachten, was wir aber tun (ziemlich starke sogar, siehe Aktienhandel). Wenn es Produkte gibt, die abgekoppelt vom Welthandel funktionieren, haben diese auch keinen Effekt auf den Welthandel und verursachen dadurch auch keine „Probleme“.

Kommentar Paper <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oegpw.at/tagung09/papers/PA3_huffschmid.pdf">http://www.oegpw.at/tagung09/papers/PA3_huffschmid.pdf</a><!-- m -->, Huffschmid: Finanzmarktkapitalismus – eine stabile Formation?

Seite 1 letzter Absatz:
Vergleich der Wachstumsraten von Kapital und BSP. Ich bin gegenüber dieser Zahlen eher kritisch und würde gerne wissen ob er diese logarithmisiert hat (beide), ansonsten haben wir hier eine verzerrte Darstellung. Zudem sagt reines Kapitalwachstum nichts über die Verteilung des Kapitals aus und ob die Menschen dieses als fair empfinden.

Seite 3 Lohnquote:
Die Lohnquote sagt halt (fast) nichts aus und schon gar nicht das was der Autor zeigen will. Siehe Lohnquote (Abschnitt Probleme) auf Wikipedia. Zudem gibt es unterschiedliche Berechnungsarten und anscheinend auch unterschiedliche Daten (auf Wikipedia schien die Lohnquote in den USA gestiegen zu sein).
Falls diese Darstellung wie er sie nutzt zutrifft, dann haben wir immer noch keine Informationen darüber ob die Vermögensverteilung gerechter oder ungerechter wurde. Wir sehen zum Beispiel in diesem pdf von der OECD, dass die Vermögensungerechtigkeit in den OECD-Ländern nur wenig zugenommen hat <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oecd.org/els/socialpoliciesanddata/41528678.pdf">http://www.oecd.org/els/socialpoliciesa ... 528678.pdf</a><!-- m -->. Zudem ist die Armutsquote in den OECD Ländern sogar GESUNKEN im Vergleich zu den 1980ern. Dies auch noch bei steigendem Realeinkommen, dh wir unterschätzen den Unterschied sogar noch.

Seite 4 Nicht-Investition in Produktion
Ich mein die Aussage dass man nichts in Produktion investiert ist schein mir nicht begründet. Alles was Menschen auf einer Bank anlegen ist ja per se eine Investition in Produktionsfaktoren solange die Banken Kredite ausgeben. Das tun sie nicht mehr so freizügig aufgrund der Krise, deshalb kommt es unter anderem zur Rezession. Wenn Menschen nicht in Produktion investieren/sparen, müssen sie das Geld zuhause unter dem Bett halten, was Kosten in Höhe der Inflation verursacht. Alles was auf Banken gespart wird ist per Definition gleich Investitionen.

Privatisierung von Staatlicher Altersversicherung
Solange man diese als Umverteilungsinstrument ansieht ist das wohl eine schlechte Sache. Allerdings hat das nichts mit dem angewendeten Verfahren, also Kapitaldeckungs- resp. Umlageverfahren zu tun. Ein Staat kann genauso Kapitaldeckungsverfahren mit Umverteilung durchführen. Aufgrund der vorliegenden Bevölkerungsstruktur in vielen Staaten wäre ein Kapitaldeckungsverfahren einfacher zu finanzieren. Man kann zudem die Altersversicherung privatisieren, die womöglich dann kostengünstiger ist (ist bei Versicherungszwang empirisch nicht eindeutig) und Menschen verpflichten sich zu versichern und bei den schlecht verdienenden staatliche Zuschüsse zahlen.
Die Aussage dass Kapitaldeckungsverfahren den Beschäftigten Lohn entziehen würde ist absolut unsinnig. Zumindest im Vergleich mit dem Umlageverfahren, bei dem genauso wie beim Kapitaldeckungsverfahren Verwaltungskosten fällig werden. In beiden Fällen wird dem Arbeitnehmer aber gleich viel weggenommen (man könnte hier sogar argumentieren dass ihm die Freiheit genommen wird sich selbst zu versichern in dem Mass dass er möchte).

Seite 5 Globalisierung
Dass der Zuwachs von Kapital dazu führt dass globaler investiert wird ist ein gewaltiger Vorteil. Genau das führt zu Lohnanstiegen (siehe China und bald wohl Südostasien) und zu Investitionen in Ländern die bis jetzt noch verhältnissmässig wenig Investitionen erfahren haben.

Seite 6 und 7 Macht des Kapitals
Klar vertreten Interessengruppen eben ihre Interessen. Das ist in diesem Fall zumindest im Bezug auf Unternehmen auch grösstenteils vorteilhaft, da eben Firmen gezwungen werden kostengünstig zu produzieren, was wiederem den Konsumenten besserstellt. Wie bereits besprochen wirkt sich auch Standortkonkurrenz tendentiell positiv aus. Die Rationalisierung von Produktionsprozessen führt natürlicherweise zur Umverteilung zunächst mal aber vor allem auch UNTER den Arbeitnehmern. Durch die gestiegene Produktivität verdienen sie mehr (siehe China). Zudem kann üblicherweise davon ausgegangen werden dass in flexiblen Arbeitsmärkten ein grosser Anteil an Menschen wieder eine Stelle findet.
Wie die angesprochene systematische Manipulation der Finanzmärkte im völlig legalen Bereich funktionieren soll ist mir schleierhaft, wurde hier auch schon diskutiert warum. Wie eine Steuer oder gar Verstaatlichung dieses Problem der „Gewinnsuche“ verhindern soll und gleichzeitig die Bevölkerung besser gestellt werden soll (was de facto unmöglich ist) ist mir schleierhaft.

Seite 7 Industriekapitalismus vs „reifer“ Kapitalismus
Meiner Meinung nach irreführende Darstellung. Was ist hier denn der Unterschied?

Seite 8 Institutionelle Anleger
Sind im übrigen oft staatlich. Offensichtlicherweise sind Banken etc bestrebt eine gute Rendite zu verkaufen. Das muss der Kunde der Bank aber nicht abnehmen. Zudem führt dieses konkurrenzieren um hohe Renditen dazu dass die Anreize von Banken darin liegen möglichst gute Investments zu tätigen, was dazu führt dass in die produktivsten Unternehmen investiert wird und zudem Irrationales Verhalten auf Finanzmärkten nicht mehr in dem Umfang zu beobachten ist. Offensichtlicherweise wird durch das Streben nach Renten auch jede Regulierung maximal möglich ausgenutzt (Kreditvehikel als Auslagerungsinstrument von Risiken).

Seite 9 Strategien des Kapitals
Dass Finanzunternehmen Druck auf die Regierung und die Unternehmen ausüben liegt auf der Hand. Dass sie Druck auf Unternehmen ausüben wollen wir aus einer Wohlfahrtsperspektive. Einerseits weil dadurch Produktionsfaktoren effizient alloziert werden, anderseits weil wir höhere Renditen erhalten dadurch. Dass sie Druck auf die Regierung ausüben wollen wir in aller Regel nicht, das machen aber andere Interessengruppen (Bauern, Gewerkschaften, Versicherungen, Staatliche Institutionen) genauso. Hier benötigt man einen gut designten Staatsapparat der möglichst unempfindlich gegnenüber nicht mit den Präferenzen den Bürgern übereinstimmenden Forderungen ist.
Dass die Finanzindustrie mittels Destabilisierung Privatisierungen provoziert halte ich für fanatsievoll. Abgesehen davon ist eine Privatisierung in vielen Bereichen von Vorteil (Müllabfuhr als Beispiel). Oft sind werden die Güter zu niedrigeren Preisen bereitgestellt, was ALLE besser stellt. Es gibt nur sehr sehr wenige Fälle wo empirisch gezeigt werden kann dass es besser ist Produkte staatlich zur Verfügung zu stellen. In vielen Bereichen ist eine Privatisierung auch nicht unbedingt sinnvoll (zur Verfügung stellen des Elektrizitätsnetzwerks, die Betreibung dessen kann aber durchaus privat erfolgen).

Seite 10, die Krise
„Konzentration und Machzusammenballung
im Finanzsektor bewirkt und drittens die Konkurrenz zwischen den Investoren um das
insgesamt geschrumpfte Finanzvermögen verschärft.“
Dieser Satz widerspricht sich weil eine Konzentration von Unternehmen zu geringerer Konkurrenz führt. Bei gleichzeitig schrumpfendem Finanzvermögen ist der Effekt unklar.

„Bei den zur Bankenrettung ausgegebenen Mitteln
handelt es sich nicht um klassische keynesianische Konjunkturankurbelung, in deren Ergebnis
die Ertrags- und Steuerkraft der Wirtschaft steigt; es handelt sich vielmehr um bloße Rettungsmaßnahmen,
die einen völligen Absturz der Wirtschaft verhindern sollen, ansonsten aber
keine produktiven Wirkungen haben.“
Imo irreführender Satz. Wieso sollte es denn etwas nützen wenn es keinen (kurzfristigen) Effekt gibt?

„Erstens sollte die Antwort auf das offensichtliche und dramatische Versagen des Finanzsektor
in seiner bisherigen Form dazu führen, die Banken nicht einfach zu retten, sondern den Finanzsektor insgesamt demokratisch umzugestalten. Dazu gehört die Vergesellschaftung der
Banken und eine weitgehende Bankenreform. Sie sollte die Banken auf ihre Kernaufgaben –
die Annahme und Verwaltung von Einlagen, die Kreditvergabe und die Sicherung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs – zurückführen und den universellen Zugang zu wesentlichen
Bankdienstleistungen gewährleisten."
Ist halt meiner Meinung nach nicht zutreffend. Das Problem liegt eben darin dass Banken wissen dass wenn sie Konkurs gehen, dass eben der Staat hilft. Falls dies nicht der Fall wäre, würden Banken auch risikobewusster agieren. Zudem führt die Einlagesicherung dazu, dass Menschen nicht die Banken wählen mit dem geringsten Risiko (dafür auch dem niedrigsten Zins), sondern dass sie eben die wählen die den höchsten Zins haben (grösstes Risiko). Durch Einlagenschutz fördern wir also die Risikobereitschaft von Kunden und Banken.

Am Schluss geht er nochmals auf die Privatisierung ein. Ich wiederhole nochmals, es hängt stark vom jeweiligen Gut ab das angeboten wird ob eine Privatisierung ökonomisch Sinn macht oder nicht. In aller Regel sind die Preise in einem kompetitiven Markt markant tiefer als in einer Monopolsituation (Staat). Privatisierungen sind a priori also alles andere als „schlecht“. Oftmals können alle besser gestellt werden (zumindest die Konsumenten der Güter, die Anbieter u.a. gewisse Beamte müssen womöglich auf einen Teil ihrer Rente verzichten).

Grundsätzlich nennt der Autor eine unglaublich Liste an Punkten, fertigt diese aber ab ohne stichhaltige Evidenz für auch nur einen dieser Punkte. Deshalb kann dieses Papier nicht nur von einem ökonomischen, sondern auch (für jene die den Ökonomen nicht trauen ;-)) von einem wissenschaftlichen Standpunkt nur äusserst kritisch betrachtet werden. Zur Verteidigung kann man sagen, dass der Autor einige Punkte im Spannungsfeld von Bürgerpräferenzen und politischen Handlungen aufgreift.


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - Paxinor - 11-06-2012 10:02 PM

Ich habe mir lange überlegt wie ich auf Yrrsinns post antworten soll, weil ich bin mit vielem nicht einverstanden was er schreibt... ich weiss aber nicht wie wir das von der diskussion her angehen wollen, ohne das jeder die lust verliert zu lesen

meine cliffs:

1. huffschmids paper ist eine katastrophe, verwirrend, logisch nicht korrekt und mehr schwadronieren als argumentieren. Ich stimme grundsätzlich mit seinen schlussfolgerungen überhaupt nicht überein, und ich kann schon gar nicht mit diesem "spekulations anprangern" leben. Wegregulieren können wir das eh nicht. man kann leuten nicht verbieten, dumme dinge zu tun.

2. talebs bücher sind ein guter gedankenanstoss, er ist aber ein egomane, und seine effektiven investemntstrategien ein ziemlicher hoax. Seine bücher sind selbstverliebte ergüsse, die zwar ein paar korrekte konzepte beinhalten, er sich aber gleichzeitig oft wiederspricht (kahnemann's prospect theory vs seine black swan underestimation theory) er war früher options trader (i.e. market maker) und tut so als hätte er die weisheit mit löffeln gefressen bezüglich investment, dabei hatte er einfach nur ein options book gemanaged wie 100 andere auch.... Btw: Mit optionen spekuliert man genau so in eine marktrichtung wie mit dem kauf einer aktie, und sein propagieren, out of the money optionen zu kaufen ist nachweislich ein huge loss maker (wobei er es nie wirklich propagiert). Taleb missquoted gerne, reitet add hominem attacken, und wenn man ihn kritisiert wirft er dieser person einfach blindheit vor. z.B. ist seit den 50ern weltweit bekannt, das aktienreturns nicht normalverteilt sind, und man kann das seit jeher in den optionspreisen auch ablesen. Niemand (auch keine Akademiker) glauben ernsthaft das aktienkurse normalverteilt sind, und es ist auch nicht der grund, warum risikomanagementsysteme versagt haben in der finanzkrise

3. mit dem letzten abschnitt, dass policy maker fehler gemacht haben (und diese fehler werden intensiviert!!!) bin ich einverstanden, die papers scheinen auch eine höhere qualität zu haben, aber ehrlich gesagt spricht die finanzkrise für mehr spekulanten und weniger idioten... und nicht umgekehrt.

Ich denke wir müssen ein thema rausholen aus der ganzen geschichte, sonst artet es völlig aus. Ich überlasse Yrrsin die freiheit, was er zuerst ansprechen will Smile


Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - YrrsiN - 11-07-2012 02:56 AM

Hehe da hast du wohl recht, auch wenn ich Armis Kritik sehr gerne durchgelesen habe (und in diesem Ausmass auch wieder durchlesen würde). Aber wenn dies über alle Themen so ausführlich wird, könnte es definitiv zu unübersichtlich werden. Ich muss übrigens noch hinzufügen, dass ich den Libertarismus-Artikel für mich ebenfalls ein grosser Augenöffner war und ich wohl ein bisschen zu voreingenommen war.
Wenn ich entscheiden darf, worüber wir (vorerst Wink) weiter diskutieren werden, würde ich gerne über den Artikel besprechen den Armi auseinandergenommen hat. Ich nehme an du (Paxi) hast auch noch einiges dazu zu sagen?! Es wird sich dann wohl aber eher zu einem Frage/Antwortspiel meinerseits/eurerseits sein entwickeln hehe.