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Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - Druckversion

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Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - armi94 - 12-11-2012 07:27 PM

Aber Tausch von Schulden ist doch == Tauschhandel? Also zumindest würde ich es so definieren. Ich mein in der Praxis machts keinen grossen Unterschied? Es ist doch einfach ein Bild des "Tausches" dabei müssen ja nicht physische Waren getauscht werden und wird auch nicht so eng gelehrt in Wirtschaftsstudium. (Tausch innerhalb der Familie, Absicherung durch die Gemeinschaft etc, wiederspricht alles nicht den modernen Wirtschaftswissenschaften, sogar bei pur rationalen Agenten.)


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - YrrsiN - 12-12-2012 03:45 PM

Mich nimmt es wunder was bei Euch in Basel gelehrt wird, denn Graeber behauptet etwas anderes. Ich zitiere mal ein paar Sätze aus dem Buch:

"Wenn zum Beispiel Ökonomen von den Ursprüngen des Geldes sprechen, sind Schulden immer so etwas wie ein nachträglicher Gedanke. Erst kommt das Tauschgeschäft, dann das Geld; der Kredit taucht erst später auf."

"Ökonomen nennen üblicherweise drei Funktionen des Geldes: Tauschmittel, Rechnungseinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Alle ökonomischen Lehrbücher behandeln die erste Funktion als die wichtigste. Hier ein sehr typischer Auszug aus Economics von Case, Fair, Gärtner und Heather (1996): ... Die Alternative zur Geldwirtschaft ist Tausch, Menschen die Güter und Dienstleistungen direkt, ohne Umweg über das Medium Geld, gegen andere Güter und Dienstleistungen tauschen."

"Wir wissen, steht da (in den Lehrbüchern) zu lesen, dass es in der Geschichte einmal eine Zeit gab, in der Geld nicht existierte. Wie muss das damals gewesen sein? Nun, stellen wir uns ein Wirtschaftssystem vor ähnlich wie unser heutiges, nur ohne Geld. Das muss sehr unpraktisch gewesen sein! Ganz sicher haben die Leute das Geld erfunden, weil es praktisch war. Für Ökonomen beginnt die Geschichte des Geldes immer mit einer Fantasievorstellung einer Welt mit Tauschhandel. Das Problem ist, wo wir diese Fantasievorstellung räumlich und zeitlich unterbringen sollen."

"Smith' Argumentation verdient es, im Detail dargelegt zu werden, weil sie der grosse Gründungsmythos der Wirtschaftswissenschaften ist, wie ich es nenne. Er beginnt mit der Frage, was die Grundlage des wirtschaftlichen Lebens im eigentlichen Sinn ist, und spricht von der "natürlichen Neigung des Menschen, zu handeln und Dinge gegeneinander auszutauschen". Tiere tun das nicht. ... Dagegen werden Menschen, wenn sie auf sich selbst gestellt sind, unweigerlich anfangen Dinge zu tauschen und zu vergleichen. ... Der Drang zum Tauschhandel schafft wiederum die Arbeitsteilung, die am Anfang aller menschlichen Leistungen und Kultur steht. Hier wechselt die Szene in ein anderen bei Ökonomen beliebtes fernes Märchenland - anscheinend eine Mischung aus nordamerikanischen Indianern und zentralasiatischen Hirtennomaden."

"In Schulbüchern und Museen bringen wir sie Kindern bei. Jeder kennst sie. "Es war einmal eine Zeit, da gab es Tauschhandel. Das war schwierig. Deshalb erfanden die Menschen das Geld. Und nach dem Geld kamen Banken und Kredite". Die Entwicklung ist ganz einfach und geradlinig, sie bewegt sich auf immer mehr Raffinesse und Abstraktion zu, und das führte die Menschheit logisch und unausweichlich von der Steinzeit, als man Mamutstosszähne tauschte, zu Aktienmärkten, Hedgefonds und verbrieften Derivaten."


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - armi94 - 12-12-2012 04:22 PM

Klar wird der Tausch immer als wichtig beschrieben und Geld als Ersatz für Tausch. Aber sehe den Punkt nicht ganz? Ich mein es ist für ökonomische Theorie völlig irrelevant ob der Tausch auf Schulden beruht (die Sachwerten gegenüber stehen) oder auf Sachwerten per se. Ich seh die Kritik an der Wirtschaftstheorie nicht. Gut, evtl ist es ein falscher Punkt es so darzustellen als ob Geld den Handel mit Gütern ersetzt hätte (obwohl es dutzende Beispiele gibt wo geldähnliche Güter getauscht wurden als "Währung" Zigaretten zb, obvsly sind das in dem Sinne dann auch nur Schulden aber gleichzitig sinds auch wertvolle Güter).

Mikroökonomische und Spieltheoretische Modelle können ohne weiteres Schuldtauschverhältnisse in Familien zb oder in Clans abbilden ohne dabei auf physischen Gütertausch abzustellen (wurde auch schon gemacht und hat einen Nobelpreis dafür gegeben).


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - YrrsiN - 12-13-2012 03:36 PM

Wie gesagt, ich bin noch überhaupt nicht weit mit dem Buch und weiss auch noch nicht auf was er genau hinaus will.
Hier noch eine kleine, kritische Rezension des Buches welches bisschen mehr aufzeigt (so wies aussieht ist der Beginn besser als das Ende Sad ) <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.welt.de/kultur/history/article106365831/Schulden-Auch-nur-ein-Instrument-der-Macht.html">http://www.welt.de/kultur/history/artic ... Macht.html</a><!-- m -->


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - armi94 - 12-13-2012 04:09 PM

Jou bin gespannt auf seine Schlussfolgerungen. Hab auf amazon ein paar Kommentare zum Buch gelesen aber sagen nicht wirklich viel aus.

"Begriff für so alltägliche Dinge wie Kooperation, Solidarität und nachbarschaftliche Hilfe." Wird auch von dieser Kritik als "unökonomisch" interpretiert aber ich mein Kooperation, Solidarität und nachbarschaftliche Hilfe lassen sich erstaunlich gut in einem wirtschaftstheoretischen Rahmenwerk analysieren, selbst ohne die Erweiterungen von Ostrom z.B.. Anscheinend hat Wirtschaftstheorie einen ziemlich schlechten Ruf ;-), da müssen die Ökonomen noch daran arbeiten Big Grin.


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - YrrsiN - 12-13-2012 04:20 PM

Wir wohl, wie so oft, auf eine interessante Analyse hinauslaufen ohne irgendwelche wertvollen Schlussfolgerungen. :roll:
Btw: schreibst du noch was zum "Banking Teil", Pax?


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - Paxinor - 12-13-2012 04:48 PM

wenn ich zeit finde, aber ich muss leider oft arbeiten Big Grin

das buch das du geposted hast, hat für mich die methodik, die viele leute anwenden: extrem viel staub aufwirbeln in dem irgendwelche argumente ins feld führt, die ökonomisch eigentlich relativ irelevant sind, gepaart mit ein paar argumenten, die eigentlich unter allen ökonomen bekannt sind, es wird dann aber behauptet, dass ökonomen dies einfach ignorieren (das ist eine methode die taleb oft anwendet). Dabei wissen eben die meisten ökonomen davon.

Obv. hat geld dieses dualität in den Eigenschaften und je nach ökonomischen interesse zählt die eine oder andere methodik mehr. Ich find aber das das "Medium of Account" argument nicht wirklich zu wenig beachtet wird....


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - YrrsiN - 12-14-2012 03:30 PM

Ja, die Unterstellung von Graeber gegenüber den Ökonomen kann ich selber nicht beurteilen aber so wie ihr hier argumentiert scheint er hier definitiv massivst zu übertreiben. Nur schon, dass er ein Lehrbuch aus den 90er Jahren zitiert finde ich schon strange.
Was ist das "Medium of Account"?
Wollte dich eh nicht stressen! Aber da der Thread seit 1 Monat dead ist einfach mal nachfragen ob du noch was geplant hast oder nicht..


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - Paxinor - 12-14-2012 04:57 PM

medium of account = "wer schuldet wem was an güter"... geld ist einerseits ein tauschmittel (und das ist eine sehr wichtige funktion) und andererseits trackt es, wer anrecht auf die zukünftig produzierten güter hat, weil ja geld dafür da ist, die noch nicht vollständig abgewickelten gütertäusche zu repräsentieren... mit anderen worten "schulden"


Re: Paxinors kleine Abhandlung über "Was ist Geld" - armi94 - 04-02-2013 02:26 PM

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2013/04/kollektive-selbsttaeuschung/?utm_source=feed&utm_medium=main">http://www.oekonomenstimme.org/artikel/ ... edium=main</a><!-- m -->
Imo gute Einführung in die Funktionen des Finanzmarktes und mögliche sowie vorhandene Regulierungen.