NL Preflop-Strategie für Anfänger - Druckversion +- raise.ch (http://raise.ch/forum) +-- Forum: HILFE für Einsteiger (/forumdisplay.php?fid=8) +--- Forum: HILFE für Einsteiger (/forumdisplay.php?fid=12) +--- Thema: NL Preflop-Strategie für Anfänger (/showthread.php?tid=138) |
NL Preflop-Strategie für Anfänger - Märchy - 11-15-2006 12:20 PM Einleitung Dies ist eine Preflop-Strategie für NoLimit 6er-Tische, die speziell für Anfänger und micro-limit-Spieler ausgelegt ist. Sie ist sehr einfach gehalten, damit sie leicht anzuwenden ist und der Spieler ein Gefühl dafür bekommt, worauf es bei der Auswahl der Starthände und bei der Art sie zu spielen, ankommt. Fortgeschrittenen Spielern empfehle ich, sich einer ausführlicheren Preflop-Strategie zu widmen. Material dazu gibt es in Büchern und im Internet zuhauf. Dass ich hier auf 6er-Tische eingehe hat zwei Gründe. Erstens spiele ich selber fast ausschliesslich NL 6max und zweitens beschäftigen sich alle mir bekannten Anfänger-Guides mit 10er-Tischen. Ich setze hier lediglich voraus, dass der Leser die Regeln beherrscht und die wichtigsten Poker-Begriffe kennt. Hilfe bei Unklarheiten gibt es hier. Preflop-Theorie Wahrscheinlich hast du schon gehört oder gelesen, dass der erfolgreiche Pokerspieler "tight" spielt. Nun, was heisst das genau? Das heisst so ungefähr, dass der Spieler am Tisch vor allem mit einem beschäftigt ist: folden. Um etwas genauer zu werden: ca. drei Viertel aller Karten wandern ungespielt zurück in den Stapel. Doch wozu denn das? Man sagt doch "any two cards can win", jede Starthand kann den Pot gewinnen... Das ist grundsätzlich nicht falsch. Doch nicht "any two" haben die gleichen Chancen, den Pot zu gewinnen. Und das ist genau, worum es beim Poker geht: die Kohle in die Mitte zu bringen, wenn man eine hohe Wahrscheinlichkeit hat zu gewinnen, und auszusteigen, wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist. Das ist natürlich grob vereinfacht, doch die Kernaussage stimmt. Um mal ein Beispiel zu machen: Du hast und dein Gegner hält Das ist der Extremfall. Die beste holdem-Hand gegen die schlechteste. Klar kann dein Gegner ein Drilling, two pairs oder gar ein full house treffen, doch die Wahrscheinlichkeit, dass deine beiden Asse geschlagen werden, beträgt gerade mal schlappe 12%, in den restlichen 88% gewinnst du. Der Grund dafür ist, dass dein Gegner mindestens two pairs treffen muss, um dich zu schlagen. Deine Hand braucht keine Verbesserung. Zitat:-> Einschub Wie gesagt, das oben beschriebene Beispiel ist natürlich ein Extremfall. Was ist nun, wenn wir zwei einigermassen gute Hände vergleichen? Probieren wir es mal mit gegen Die Verteilung ist hier ca. 65 : 35 für AK. Man spricht in diesem Zusammenhang davon, dass Spieler A Spieler B "dominiert". Doch wie das? Keiner der beiden Spieler hat bereits eine "made hand", kommt ein Ass oder ein König, gewinnt der eine, kommen Dame oder Bube, gewinnt der andere und die Wahrscheinlichkeiten dafür dürften genau gleich gross sein. Auch das ist wieder nicht ganz richtig. Die 4 wahrscheinlichsten Fälle sind diese: Wir sehen, dass Spieler B nur in einem der vier Fälle gewinnt, was die Überlegenheit von Spieler A erklärt. Sind wir uns also einig, dass nicht alle zwei Karten die gleichen Chancen haben, am Schluss die beste Hand zu bilden. Wenn wir also nur die besten Karten spielen, haben wir gegenüber einem Spieler, der wirklich alles spielt, einen mathematischen Vorteil. Kein Pokerspieler weiss die genauen Prozentsätze der möglichen Hand-Paarungen, und das muss man auch nicht. Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal empfehlen, mit den odds-calculators zu spielen um ein wenig ein Gefühl dafür zu erhalten, welche Hand von welcher dominiert wird. Stärke der Starthände Die Stärke einer Starthand hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die stärksten Hände sind die hohen Pocket-Pairs, sprich Asse, Könige und Damen und auch die mittleren und kleinen Pocket-Pairs sind bei NoLimit in den meisten Fällen "spielbar". Die Stärke aller anderen Hände hängt grösstenteils von 3 Faktoren ab: 1. Höhe der Karten Je höher die Karten, desto besser die Hand. Sollte jedem Hilfsschüler klar sein. Wenn keine Hand trifft, gewinnt die höchste Karte, wenn alle treffen, gewinnt wiederum der mit dem höchsten Paar. 2. Sind die Karten "suited"? Sprich: Haben beide Karten die selbe Farbe? Wenn ja, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, einen Flush zu treffen. Diese Tatsache gibt der Hand zusätzliche Stärke. 3. Sind die Karten "connected"? Connected sind alle direkt aufeinanderfolgenden Karten, wie z.B. Sechs/Sieben oder Jack/Queen. Nebst den "connectors" gibt es noch "one-gappers", "two-gappers" und "three-gappers", was eine Bezeichnung für die "Lücke" zwischen den beiden Karten ist. Fünf/Acht zum Beispiel ist ein "two-gapper", da die Sechs und die Sieben in der Mitte fehlen. Je näher die beiden Karten zusammenliegen, desto besser. Ein "connector" hat wesentlich grössere Chancen, zu einer Straight zu werden, als ein "three-gapper". Fazit: Je näher die beiden Karten zusammen sind, desto besser. Demnach ist (abgesehen von den Pocket-Pairs) die beste Hand, und die schlechteste. Position Ein Punkt, der von Anfängern gerne missachtet wird, ist die Position. Position ist vor allem bei 6max-NL-Tischen enorm wichtig. Ich werde nicht so genau darauf eingehen, die Wichtigkeit der Position zu erkennen, ist meines Erachtens eine Erfahrungssache und die holst du dir nur mit Übung, Übung und Übung. Damit wir vom Gleichen sprechen, hier die Bezeichnungen der verschiedenen Positionen: SB: Der Spieler, der den small blind gegeben hat BB: Der Spieler, der den big blind gegeben hat UTG: (under the gun) der erste Spieler nach den blinds MP: (middle position) der zweite Spieler nach den blinds CO: (cut off) der dritte Spieler nach den blinds BU: (Button) der vierte und letzte Spieler nach den blinds SB ist die schlechteste Position. Sie wird nach unten in der Liste immer besser bis hin zum Button, der in jeder Setzrunde als letzter agieren darf. Der Vorteil einer "späten" Position ist relativ einfach erklärt: Je weiter hinten du sitzt, desto mehr Informationen über deine Gegner hast du. Dieser Vorteil ist so gewichtig, dass du auf dem Button wesentlich mehr Hände spielen kannst als beispielsweise UTG. Du hast z.B. auf dem Button auch den Vorteil, dass du in jeder Setzrunde "last to act" bist und die Setzrunden schliessen kannst. Der Einfachheit halber werde ich von jetzt an nur noch von LP (late position, umfasst CO und BU) und MP (middle position, beinhaltet UTG und MP) sprechen. Auswahl der Starthände Wenn du jetzt sagst "Diese Theorie-Scheisse interessiert mich nicht, sag mir einfach, welche Hände ich spielen soll!"... Bitte, here we go! Ich werde in den folgenden Abschnitten meistens von Hand-Ranges sprechen. Wenn ich also schreibe "call mit AJs+" dann meine ich damit "call mit AKs, AQs und AJs". Das "+" heisst so viel wie "besser als". Ein weiteres Beispiel: Q8+ = QJ, Q10, Q9 und Q8. Das "s" steht dabei für "suited". Bei den Pocket-Pairs genau das gleiche: JJ+ = AA, KK, QQ und JJ. Ich bin grundsätzlich kein Freund des "limpens". Du wirst schnell bemerken, dass du viel raisen oder folden wirst. Dafür gibt es 2 Gründe: 1. Du erlaubst den blinds nicht, mit 93 oder ähnlichem Müll einen billigen, resp. gratis-Flop anzusehen. 2. Du giltst nach einem preflop-raise als "aggressor". Im Verlauf der Hand wird oft "zu dir gecheckt". Du kannst dann entscheiden, ob die eine Gratiskarte nehmen oder deine Aggression aufrecht erhalten und weiter Druck machen willst. Wenn ich schreibe RAISE, dann meine ich immer um den Betrag <4BB + 1BB pro Limper>. Beispiel: NL0.05$/0.10$, du bist auf dem Button, ein Limper vor dir. Du raist auf 0.50$. Wenn ich schreibe RERAISE, dann auf ca. das dreifache des Raisers. Beispiel: NL0.05$/0.10$, du bist auf dem Button, UTG raist auf 0.40$, du raist auf 1.20$. In gewissen Situation mit Pocket-Pairs schreibe ich CALL*. Das ist so zu verstehen: Ein Spieler vor dir raist. Du callst ihn nur, wenn der kleinere der beiden stacks (deiner oder der des Gegners) mindestens 10 mal grösser ist, als der raise des Gegners. Kapiert? Beispiele: Raise des Gegners: 0.70$ dein Stack: 6$ Stack des Gegners: 12$ 10 mal 0.70$ ist 7.00$, also mehr als dein Stack. -> FOLD Raise des Gegners: 0.40$ dein Stack: 10$ Stack des Gegners: 8$ 10 mal 0.40$ ist 4$, also weniger als beide Stacks. -> CALL Situation 1: alle haben bis zu dir gefoldet oder 1 Spieler hat gelimpt vor dir MP: A10+, A9s+, KJ+, KJs+, QJs, 99+: RAISE alles andere: FOLD LP: A9+, A8s+, K10+, K10s+, QJs, J10s, 22+: RAISE alles andere: FOLD Situation 2: vor dir sind 2 oder mehr Limper MP: - LP: A9+, A8s+, K10+, K10s+, QJs, J10s, 99+: RAISE suited connectors bis runter zu 54s, 22+: CALL Situation 3: vor dir gab es einen raise MP + LP JJ+, AQs+: RERAISE 22+: CALL* alles andere: FOLD Situation 4: Du hast geraist, nach dir reraist ein Spieler KK+: RERAISE, versuche ihn All-In zu bringen. AK, AKs: CALL 22+: CALL* alles andere: FOLD Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass die von mir beschriebenen hand-ranges als Richtlinien gelten. Man kann auch erfolgreich looser oder tighter spielen. Das wichtigste ist, dass man sich mit dem gewählten Stil wohl fühlt. Ich würde vorschlagen, die ranges in der Anfangszeit genau einzuhalten und mit wachsender Erfahrung nach oben oder unten zu korrigieren. Continuation-bets Das Flop-Play gehört eigentlich nicht mehr zum preflop-Spiel. Eine Sache muss ich aber noch loswerden: Mach immer eine continuation-bet nach dem Flop. Das heisst: Egal, ob du den Flop getroffen oder komplett verfehlt hast: Wenn vor dir niemand gebettet oder gar geraist hat, bette zwei Drittel bis drei Viertel des aktuellen Pots. WICHTIG: Bette immer nach dem selben Muster, unabhängig davon, ob dir der Flop gefällt oder nicht. Der Gegner soll nicht bemerken, ob du getroffen hast. Die einzige Ausnahme für die continuation-bets ist, wenn du den Flop verfehlt hast, 2 oder mehr Gegner noch im Spiel sind und du eine schlechte Position hast. Dann darfst du getrost checken. Du wirst erstaunt sein, wie oft dir die Gegner nach einem preflop-raise den Pot kampflos überlassen. Wenn du auf Widerstand stösst, bleibt dir nichts anderes übrig, als ... POKER ZU SPIELEN Eine ausführlichere Abhandlung des Themas "continuation bets" + Diskussion gibt es hier. Schlusswort Abschliessend noch ein paar Worte zu dem ganzen guide: Alles was hier steht, ist alles andere als in Stein gemeisselt. Ich beschreibe hier MEINE preflop-strategie, mit welcher ich die micro-limits erfolgreich geschlagen habe. Es geht mir hier lediglich darum, einem ANFÄNGER den Einstieg in NoLimit Texas Holdem ein wenig zu erleichtern. Wie ich im ersten Abschnitt schon geschrieben habe, ist es unerlässlich, sich intensiv mit dem Thema preflop-play auseinander zu setzen, sobald man die höheren Levels erreicht. Und selbstverständlich ist es mit einer preflop-strategie noch nicht getan, besonders nicht mit dieser. Es ist auch sehr wichtig, dass der Spieler gesunden Menschenverstand walten lässt und meine Richtlinie an die Umstände anpasst. Ich kann natürlich niemandem garantieren, dass er so gewinnt, doch bei mir hat's geklappt. Zu meinen "Quellen": Diesen Guide habe ich mir aus dem Wissen aus diversen Büchern und zu einem grossen Teil aus unzähligen Artikeln aus dem 2+2 Forum (hauptsächlich dem SSNL-Teil) zusammengeschustert. Vor allem 2+2 kann ich jedem Pokerspieler empfehlen. Gruss Märchy ____________________________________________ Copyright by raise.ch - Märchy - 11-15-2006 12:21 PM So. Kritik erlaubt + erwünscht. Zerreisst mich! - Grandmaster Flush - 11-15-2006 12:51 PM Guter Guide, Märchy! Ein paar Anmerkungen: - Topic sollte wohl "NL Preflop-Strategy für Anfänger" sein! - Zuerst redest du davon, dass man mit einem Pocket Pair ein Raise callen sollte, wenn der Raise*10 nicht mehr Min[eigener Stack, Stack des Gegners] ist. Aber in den Beispielen rechnest du dann mit 15*Raise... - Die Strategie für Situation 2 (2+ Limper) für Late Position finde ich fast ein wenig zu loose. Mit den Small Pairs würde ich da eher callen als raisen. Das Problem ist wohl, dass du in 8 von 9 Fällen kein Set triffst und die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass ein Limper deinen Preflop Raise callen wird. Klar hast du dann Position, aber meistens liegen dann einige Overcards und Small Pocket Pair durchzubringen ist dann nicht gerade einfach. - Continuation Bet: Ich würde nicht behaupten, dass man immer einen CB machen sollte. Das Problem ist, wenn ein Gegner erkennt, dass man als Preflop Raiser immer CBs auf dem Flop macht, dann kann er sich am besten verteidigen, wenn er den CB auch mit Nichts raised! Ich argumentiere das so: in 65% der Fälle triffst du nichts auf dem Flop (in manchen Fällen brauchst du vermutlich keine Hilfe, da du ein Overpair hast). Wenn du immer ein Continuation Bet machst, und ein Gegner dich immer raised und du dann foldest, wenn du nichts getroffen hast, dann macht dein Gegner in the long run Gewinn. Ich würde sagen, dass man so etwa in 2/3 bis 3/4 der Fälle CBs machen sollte. Andere Meinungen? - Ansonsten: Guter Guide, weiter so! (Wie Roman das jeweils so schön sagt: Guter Mann, der Märchy ) - Bendaer - 11-15-2006 01:37 PM ich träumte gestern folgenden scheiss: märchy limpt ich schaue meine karten an: AA. raise alle folden. märchy reraise ich rereraise, märchy darauf all-in, ich call märchy zeigt KK und ich zeige.....A9 hä? mein AA hat sich irgendwie in A9 umgewandelt. diese scheiss träume: flop kam aber xAxxx und ich hab die scheisse nach hause getragen - Bendaer - 11-15-2006 01:46 PM - Continuation Bet: Das ist wohl deine Meinung wie - Hand Ranges in NL anzugeben meiner Meinung nach sehr überflüssig und eigentlich nicht richtig. Auch angeben wieviel man zu raisen hat, macht nicht allzu grossen sinn. - Märchy - 11-15-2006 02:11 PM Bendaer schrieb:- Continuation Bet: Das ist wohl deine Meinung wie Der ganze guide ist MEINE Meinung Hand ranges + raises: Warum soll das falsch sein? Wie würdest du das denn einem Anfänger erklären? Ich meine, ein Anfänger, der nicht weiss, ob er 2BB oder 25BB raisen soll, und ob 92o eine gute oder schlechte Hand ist. - Bendaer - 11-15-2006 02:20 PM dann kannst du halt hinschreiben, dass holdem so komplex ist, dass man nicht allgemein sagen kann, welche hände man in welcher position spielen sollte und wie viel blinds man die raisen sollte. NL ist ein Spiel der Positionen der Gegner, des Moments und 1000 anderen variabeln. - Märchy - 11-15-2006 02:20 PM Grandmaster Flush schrieb:Guter Guide, Märchy! 1. right, erledigt 2. mein Fehler, korrigiert 3. guter Punkt. habe es geänder auf 22+ call und 99+ raise. 4. Hier halte ich an meiner Meinung fest. Wir reden hier von micro-limit. Da sind denkende Spieler eine Ausnahmeerscheinung. Eine situation, in der man nicht cbetten soll, habe ich ja beschrieben, ich finde, das reicht. - Bendaer - 11-15-2006 02:20 PM da fehlt ein Komma nach Positionen. - Märchy - 11-15-2006 02:24 PM Bendaer schrieb:dann kannst du halt hinschreiben, dass holdem so komplex ist, dass man nicht allgemein sagen kann, welche hände man in welcher position spielen sollte und wie viel blinds man die raisen sollte. NL ist ein Spiel der Positionen der Gegner, des Moments und 1000 anderen variabeln. Oh, dafür werden dir tausende Anfänger auf dem Globus enorm dankbar sein |