Paxinor schrieb:ist ein ziemliches todschlagargument, das wir eigentlich auf jegwelchen luxus anwenden könnten, der über dem steht von < 1 dollar pro tag verdiener.
Darauf läuft meine Argumentation schlussendlich hinaus, ja. Aber die Frage wieviel jeder für Luxusgüter ausgeben will, ist natürlich nicht gegen den Willen einer Volksmehrheit vom Staat vorzuschreiben, das wäre nur schon strategisch ziemlich irrational und hätte auch fatale Folgen auf die Arbeitsmoral usw, auch wenn es ethisch wünschenswert wäre. Denn betrachten wir folgendes Gedankenbeispiel, so zeigt es, dass unsere ethischen Vorstellungen vielfach nicht konsequent durchdacht und irrational sind:
1) Es wäre ethisch verwerflich, einen Knopf zu drücken, der einem 100 Franken (für ein Luxusgut) geben und gleichzeitig Kinder leiden und sterben lassen würde.
2) Wenn dem so ist, d.h. wenn der Deal "100 Franken für mich und Leid und Tod für Kinder" inakzeptabel ist, dann wäre es auch verwerflich, 100 Franken zu behalten, wenn man sie so einsetzen könnte, dass dadurch weniger Kinder leiden und sterben würden.
3) Es gibt mindestens eine Organisation (privat oder politisch), die etwas dazu beiträgt, dass in Zukunft weniger Kinder leiden und sterben werden.
4) Es wäre verwerflich, 100 Franken, die wir sonst für eigene Luxuszwecke ausgeben würden, nicht an diese Organisation zu spenden. (Wenn es mehrere gibt, die etwas Positives bewirken, dann wäre es verwerflich, nicht an die beste zu spenden.)
Oder um auf eine Aussage von dir zurückzukehren:
Paxinor schrieb:"mit 10 stutz rette ich ein kind, was super ist, aber handkerum rette ich mio von nicht"
Was ist besser? 1 Kind zu retten und 1 Mio sterben zu lassen oder kein Kind zu retten und 1 Mio und 1 Kind sterben zu lassen? Oder umgekehrt: was ist schechter? 1 Mio Kinder sterben zu lassen oder 1 Mio und 1 Kind? Wenn das eine Kind der "Tropfen auf den heissen Stein ist", dann soll dies die Definition von Tropfen auf den heissen Stein sein. Aber ich denke nicht, dass irgendwer die Rettung eines Kindes als einen Tropfen auf den heissen Stein betrachten würde. Die Rettung eines Kindes ist auf jeden Fall ethisch höher zu gewichten, als die 100 Franken, die wir dadurch gespart hätten um uns ein Luxusgut zu kaufen.
Ich würde in meiner Argumentation auch nicht soweit gehen, dass wir auf jeglichen Luxus verzichten sollen. Schlussendlich ist ein gewisser Luxus auch notwendig um glücklich zu sein, was auch dazu führt, dass man produktiver arbeiten kann und will. Aber das Ausmass unseres momentanen Luxus-Güterkonsums übersteigt meiner Ansicht nach diese ethische Betrachtungsweise welche ich oben erwähnt habe und ist nicht mit dem Leid zu rechtfertigen, welches wir ansonsten hätten verhindern können.
Ja, du hast vielleicht recht, dass die staatliche Entwicklungshilfe ineffizient ist. Aber wie Givingwhatwecan und Givewell zeigen, gibt es einige private Hilfsorganisationen, die sehr kosten-effektiv arbeiten. Wieso sollen wir nicht einen Teil unseres Einkommens an diese Organisationen spenden? Nicht zwangshaft auferlegt, sondern freiwillig als Privatperson. Dass es momentan nur wenige Menschen gibt, die dies machen, bedeutet ja nicht, dass es ethisch nicht wünschenswert wäre. Oder eine Spende an eine Organisation wie THINK CH (siehe den Video den ich verlinkt habe), hat zudem noch eine ganz andere positive Auswirkung:
Gegeben, dass die Schweiz die grösste Dichte an Millionären/Milliardären der Welt hat und die EA-Idee (EA: effective Altruism; siehe entweder Video oder auch <!-- m --><a class="postlink" href="https://en.wikipedia.org/wiki/Effective_altruism">https://en.wikipedia.org/wiki/Effective_altruism</a><!-- m -->) in der Schweiz noch ziemlich unbekannt ist, scheint es mir ebenfalls ziemlich plausibel, dass (bis zu einem gewissen Betrag) Ausgaben für Fundraising in der Schweiz extrem effizient sind, auch wenn der Output vielleicht nicht so klar ersichtlich ist (wie z.B. bei klassischen Hilfswerken). Die Verbreitung der ganzen Ideen, welche nicht direkt zu Spenden führen, noch nicht mitgerechnet.
Ich bin auch der Ansicht, dass private Spenden mit Abstand am effizientesten sind und wenn man die Leute davon überzeugen kann, dass der Verzicht auf einige Luxusgüter ihr Glücksbefinden nur sehr marginal, wenn überhaupt (siehe diesbezüglich hedonistic treadmill) trifft, sie aber damit das Glück vieler anderer Menschen steigern können, dann ist schon ein wichtiger Schritt getan. Auch in Bezug auf die sozialen Normen, welche dann zusätzliche Auswirkungen auf viele andere politische Entscheidungen haben wird.
Du kannst mich noch so als Idealist darstellen, das ist mir ziemlich egal. Aber solange wir Leid verhindern können und dabei auf sehr wenig verzichten müssen, solange sollten wir uns auch dafür einsetzen.
Die Diskussion ist nun ein wenig von ökonomischen zu ethischen Fragen übergegangen, aber ich denke man kann diesen Punkt nicht einfach übergehen. Ich sehe nämlich keinen Unterschied zwischen "Killing" und "Letting die" und indem wir in der Schweiz 50k ausgeben um z.B. einen Blindenhund auszubilden, könnten wir die 50k auch ausgeben, um Tausend Menschen in den EL ein besseres Leben zu ermöglichen. In meinen Augen setzten wir in vielen Bereichen noch die falschen und ineffizienteren Prioritäten. Hilfe in den EL führt zudem auch zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen der betroffenen Länder und somit zu einem Produktivitätsanstieg.