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Die Zukunft der CH Pokerszene?
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Railbird Offline
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Beitrag #5
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene?
Hey Attila

Von einem Experten mit Betriebswirtschaftsstudium habe ich gestern abend als Antwort auf diesen Thread hier eine Art "wissenschaftliche Analyse" zur Situation erhalten. Sehr umfassend und bis ins Detail gehend , was die Lohnkosten und den betrieblichen Aufwand so eines Poker Casinos mit Cash Games und Tournaments betrifft. Es war ziemlich aufschlussreich und lässt einen eigentlich erschaudern, wenn man optimistisch an eine Zukunft mit CH Poker Casinos glauben möchte.

Hier ein paar Gedanken-Anstösse:

Die Lohnkosten in der Schweiz sind enorm hoch und deutlich über denen, wie sie beispielsweise in Oesterreich sind. Klar, Poker-Dealers leben praktisch ausnahmslos vom Trinkgeld, und so würde es auch in der Schweiz wohl sein. Doch, welcher Poker Dealer will das Risiko eingehen, dass die Trinkgeldbereitschaft auch in diesen PrivatClubs soweit geht, dass er auf 200-300sfr täglich kommt? Und dann, wie will das ganze kontrolliert werden? Ich meine, davon will ja der Staat auch seine Einkommenssteuer sehen. Und der Betreiber des Casinos müsste auch Pensionskasse, AHV und die ganzen sozialen Abgaben bezahlen. Dies könnte man nicht einfach unter den Tisch kehren.

Und bitte korrigier mich, wenn ich mich hier irre, aber ist es nicht so, dass es heute zum Teil vorkommt, dass bei diesen Poker-Tournaments die Dealer extrem schlecht und vor allem, UNTER DER HAND, bezahlt werden? Also, ohne jegliche soziale Absicherung, ohne Unfallversicherung, ohne Pensionskasse, also einfach quasi, wie wenn sie nicht existieren auf der Lohnliste? Du verstehst schon. Anders können die Operators dieser Events doch heute schon gar nicht kalkulieren. Wie sonst will ein Poker-Tournier finanziert werden, wenn pro Dealer und pro Stunde ca 40-45 sfr bezahlt werden müssen???? Und dies ist inkl. allen theoretischen Sozialabgaben und PK, AHV, IV, usw? Ich meine, wir leben hier in der Realität und nicht in der Traumwelt. Meinst Du , die ESBK hat sich schon jemals über diesen Aspekt Gedanken gemacht? Ich denke, wohl eher kaum...scheinbar lebt sie inmitten einer Traumwelt, und hat aufgrund von irgendwelchen "Experten-Entscheiden" beschlossen, Pokertourniere zuzulassen, weil sie ja ZU 90 PROZENT EH NUR VOM GESCHICK abhhängig sind. Welche Illusion!!

Und klar, für diejenigen, die dies als Spass betreiben, und nebenbei einen Day-Job haben oder Arbeitslosengeld kassieren, ist dies ein netter Zusatzverdienst. Doch der steht in meinen Augen auf total wackligen Füssen. Irgendwann platzt das ganze Kartenhaus, und dann sind gerade diese Tournament-Dealers die ersten, die über die Klinge springen müssen. So sehe ich es.

Sogesehen wäre eine Art "Mischlösung", wie sie in den USA betrieben wird, wohl die einstmögliche. Eine Art Minimum-Lohn, der gesetzlich vorgeschrieben ist, dann die Trinkgelder in einen Topf schmeissen, und nach einem fairen Schlüssel wieder ausschütten, nachdem der Betreiber des Poker Casinos einen gewissen Prozentsatz davon , vielleicht ca 50-60%, für die Garantie-Gehälter und alle Sozialabgaben einbehalten hat.

Ferner, so ein "concord card club Switzerland" würde ja Millionen verschlingen, nur schon bis zur Fertigstelllung. Und hier fangen die Probleme an. Eine Finanzierung von so einem Projekt mit einem Zins von , sagen wir mal 7-8 Prozent, kostet also locker 300-400,000sfr jährlich, nur an Bankzinsen. Soviel müsste erst mal an Rake eingenommen werden, um die Basiskosten abzudecken. Und wir reden hier noch nicht einmal über die Gehälter des Casino Managers und dem Floorpersonal.

Halbpatzige Projekte, so im Styl "Drecklöcher", wie wir sie im nahen Ausland im Osten unseres Landes in den vergangenen Jahren immer mal wieder gesehen haben, führen zu nichts. Dort trifft sich am Ende nur die untereste Schicht der Gesellschaft, der Abschaum der Sozialbezügler und Arbeitslosen, die auf Kosten des Staates leben und in der Freizeit ihrem Hobby fröhnen. Leute mit Klasse und Geld gehen nicht in so halb-illegale underground Löcher, sondern spielen in den offiziellen Casinos, wo sie Sicherheit, Ambiente und vor allem die Garantie bekommen, dass hier alles mit rechten Dingen zu- und hergeht.
Also, um so ein Poker Casino richtig aufzuziehen, braucht es sehr viel Engagement, Mut, Geld und vor allem, EIN RIESIGES EINZUGSGEBIET.

In Wien und Umgebung stehen ja mittlererweile 3 grosse Platzhirsche, die um die Gunst der Spieler buhlen. Mit Adleraugen schaut jeder Betreiber ganz genau, was der Konkurrent macht, und versucht so, nicht den Anschluss zu verlieren. Vielleicht haben diese Clubs schon so etwas wie "kartell-ähnliche Absprachen" getroffen, was beispielsweise das Rake oder die Veranstaltung von Tournieren usw, den Modus von Bad Beat Jackpot Auszahlungen, usw, betrifft. Vielleicht nicht. Jedenfalls, wenn ich den Tournierplan vom Concord Club und vom Poker Royale vergleiche, sehe ich, dass viele tourniere zeitgleich starten. Also im Klartext: Beinharte Konkurrenz, obwohl die beiden grössten Poker Casinos rund 50 km auseinander liegen.

Die ESBK und ihre "Expertenkomission" glaubt fest an den Faktor Geschick bei Tournaments, und lässt demzufolge diese Poker-Variante in vielen Kantonen gegen eine kleine Gebühr für die Bewilligung austragen. Ist ja schon mal ok, aber entspricht in meiner Auffassung nicht genau dem, was die Wahrheit entspricht. Weshalb sollten Cash Games weniger dem Faktor Skill unterliegen als solche Tourniere? Je kürzer die levels bei Tournaments, desto höher der Glücksfaktor. Je niedriger die Anzahl Start-Chips, desto höher der Glücksfaktor. Je höher die tournament fee für den Betreiber, desto kleiner die Gewinnchance für die Spieler, und desto grösser der Glücksfaktor, "ob man wirklich was gewinnen kann". So sind die Facts dargelegt. Bei Cash Games gilt wohl dasselbe. Je höher das Rake, was aus dem Pot genommen wird, desto schwieriger für die Spieler, das Spiel zu schlagen, wenn die Leute sich mit dem Spiel gut auskennen. Je mehr unerfahrene Spieler im Spiel, desto unbedeutender wird das Rake, denn umso grösser werden die Pots, desto mehr dead money in den Pots, womit das Rake bezahlt wird. Je kleiner die Pots, also, je niedriger die Anzahl Spieler, die um einen Pot kämpfen, desto weniger dead money ist im Spiel, um das Rake zu bezahlen. Und umso schwieriger wird es, hier zu gewinnen. Umso schwieriger, und umso höher also nun die Anforderungen für die Spieler, und umso wichtiger ist dann der Faktor Skill. Wenn das Rake auf 20% gehen würde ("Highway Robbery Rake"), dann sind in meinen Augen alle Spieler chancenlos, egal, wie gut einer spielen kann. Denn soviel schlechter können andere gar nicht spielen, um die Differenz auszugleichen. Und dann gewinnt nur einer: Der Betreiber, der fleissig Kohlen aus den Pots heraus-rake-t :-x

Am idealsten wäre die Zulassung von solchen Poker Clubs , die gleichzeitig auch ein paar Slotmachines und Videopoker Geräte aufstellen dürfen. Denn dann wäre eine Art "Querfinanzierung" möglich. Doch das wird uns die ESBK wohl nie gestatten. Es wäre ja zu schön, um wahr zu sein.

Schau, die meisten Gross-Casinos von Las Vegas operieren mit dieser Form der Querfinanzierung. Die Super-Poker Rooms könnten ohne den Rest des Casinos gar nicht existieren. Aber es ist "the power of the draw", welches eben Poker für das Casino interessant macht. Die Spieler kommen zum Pokern ins Casino und vertreiben ihre Zeit. Nicht alle von ihnen kommen nur des Pokerspiels wegen, und einige stehen nach einer Weile auf und gehen an die Black Jack Tische oder ans Roulette oder an die Automaten. Und genau deswegen bieten die grossen Casinos ja gerne auch Poker an. Nur Poker alleine bringt nicht das grosse Geld. Man muss sich entscheiden, was man will. Aber ich glaube wirklich, dass die Durchführung von solchen Poker Tournaments vielleicht im Moment des Booms, wo alle glauben, sie müssten auf Chris Moneymaker machen, oder auf dem Jesus-Trip sind, vielleicht etwas bringt, doch der boom wird abflauen. Spätestens dann, wenn die Spieler merken, dass am Ende da ganze Rake fehlt in der Endabrechnung. Die schwachen Spieler, die nicht besser spielen lernen, werden früher oder später aussteigen, und die Konkurrenz wird stärker. Das bedeutet, dass es schwieriger sein wird, so ein Tournament zu gewinnen. Und dann werden die Spieler, die noch übrig sind, auch verstehen, dass sie nicht nur gegen die 9 anderen Spieler am Tisch spielen, sondern auch noch gegen die "2 Unsichtbaren Spieler, die eh immer in den letzten money rankings sind", also das Rake.

Ein Poker Casino könnte vielleicht rentabel sein, aber er steht immer auf wackligen Füssen, wenn er sich alleine durch Poker finanzieren müsste. Selbst im Concord Club in Wien werden pseudomässig "California Aces"-ähnliche Spiele angeboten. Das ist im Grunde nichts anderes als eine primiitive Version von Black Jack, wo ein Spieler der Bankhalter ist, und das Casino selbst nur den Tisch verleiht. In Wahrheit ist es aber so, dass das Casino einen Spieler an den Tisch setzt, der als "Spieler" fungiert und die Bank hält, aber mit dem Geld des Casinos, damit der gesetzliche Rahmen nicht verletzt wird, und so sieht alles schön aus. Dadurch sichert sich ein CCC eine zusätzliche Geldeinnahmequelle, und bewegt sich im Grunde am Rande zur Illegalität. Ich weiss nicht, ob die ueberleben könnten, wenn sie ohne die Spielautomaten-Ecke und ohne solche Sonder-Spielchen auskommen müssten. Ehrlich gesagt, ich bezweifle dies.

Gruss

Railbird
04-09-2008 07:44 AM
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Nachrichten in diesem Thema
Die Zukunft der CH Pokerszene? - Railbird - 04-08-2008, 12:17 PM
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - Railbird - 04-09-2008 07:44 AM
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - tron - 04-09-2008, 01:01 PM
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - tron - 04-09-2008, 05:39 PM
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Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - Ayal - 04-12-2008, 03:31 AM
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - tron - 04-14-2008, 02:27 PM
Re: Die Zukunft der CH Pokerszene? - tron - 04-14-2008, 05:40 PM

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