Paxinor schrieb:Imo ist die konsequenz, tieren kein leid antun zu wollen nicht automatisch vegetarismus... Man hat easy die Möglichkeit, sein standard beliebig hoch zu schrauben, bis "netto tierische glücklichkeit" positiv ist. Ich mein wenn ich ein Kobe Rind esse, dann hab ich defacto Glück kreiiert und nicht vernichtet. Eine Kuh wurde gezüchtet, die nicht gelebt hätte, wenn ich keine Nachfrage nach ihrem fleisch hatte, hatte ein glückliches leben und ist dann vermutlich einer der angenehmsten Tode gestorben, die ein Tier sterben kann. Also wenn ich wiedergeboren werde als Kobe Rind, bin ich happy... Also ist es nur eine Frage des Standards, aber ab einem gewissen Level von Fleischqualität trägt man dazu bei, dass die Erde mit mehr glücklichen Geschöpfen bevölkert ist als ohne die Nachfrage dieses levels von fleischqualität.
Naja, das ist eine äusserst abstrakte Argumentation. Nach der Logik müsste es unser Ziel sein, soviele Menschen und Tiere auf diesen Planeten zu setzen, wie's gerade noch verkraftbar ist, um die gesamte Glücksmenge zu maximieren. Ich glaube nicht, dass das im Sinne des Utilitarismus ist. Das potentielle Glück nichtexistenter Wesen sollte imo nicht in die Rechnung miteinfliessen. Das reale Leid existenter Wesen hingegen schon. Dein Argument erinnert mich an die Abtreibungsdebatte in den USA. Wie wir wissen, hat Moral unterschiedliche Dimensionen, bloss denke ich, das wir beide mehr oder weniger auf die gleichen Dimensionen ansprechen und uns deshalb diesbezüglich einig sein sollten.
Und ausserdem pickst du mit der Kobe-Kuh ein Extrembeispiel heraus. Für die durchschnittliche Kuh ist das Leben einer Kobe-Kuh ungefähr so realistisch wie für uns das Leben von Hugh Heffner.
Paxinor schrieb:Obv. je höher die Fleischqualität, desto höher auch die "verschwendung" an ressourcen, die für Menschen aufgewendet werden könnte. Aber da beginnts imo ganz hässlich zu werden mit der argumentation. Okey wir verfuttern Kalorien an Tiere um sie dann zu essen (sagen wir glückliche tiere) und entnehmen irgend nem Afrikaner dadurch die lebensgrundlage. Fair enough. Man verzichtet auf Fleisch. Aber dann ist die frage, warum man sich anderen Luxus gönnt, den man nicht nötig hat (nachfrage nach smartphone, dessen Herstellung gerade so gut gespart werden könnte für extra herstellung von Nahrung).
Fakt ist: wenn die Menschheit wollte, könnte sie genug Nahrung vor alle herstellen, wenn das wirklich die priorität wäre. Tut sie aber nicht, weil sich leute in der ersten welt eben eben ne schöne wohnung, n Iphone und Ferien leisten will... Ich mein da spend ich locker n paar 100 CHF pro Jahr nach afrika, und ich tu mehr dafür, dass die dort nicht verhungern wie jeder Vegi.
Zum Bio-Standard gehört afaik auch die Regionalität der Produkte. Ich habe in unseren Supermärkten noch nie Biofleisch aus Afrika gesehen. Und im Normalfall fressen Bio-Tiere auch einheimisches Gras/Getreide. Wiederkäuer sollten sowieso kein Getreide oder Kraftfutter fressen, das ist nicht gesund für sie.
Ausserdem ist es völlig absurd, davon auszugehen, dass, wenn die Fleischqualität steigt, immernoch so viele Tiere gehalten werden wie heute. Steigende Fleischqualität bedeutet also keinesfalls mehr Ressourcenverbrauch.
Paxinor schrieb:Ich finds völlig ok wenn jemand Vegi ist, aber ich gebe einfach zu bedenken: es ist ein komplett subjektiver, emotionaler entscheid. Wie jede Verhaltensweise ist Vegetarismus im vgl mit anderen verhaltensweisen völlig inkonsequent, genau wie fleisch essen und gleichzeitig spenden am ende des tages inkonsequent ist.
Ich persönlich kann Vegetarismus akzpetieren, hab aber sehr mühe damit, wenn es dargestellt wird als wäre es ein koheränteres moralisches ideal, weil das ist es definitiv nicht. Das verhalten eines Vegis ist nicht weniger hypocrictical als das verhalten von jemandem, der die tierquälerei in der Fleischproduktion verharmlost... Und das sollte sich imo jeder Vegi bewusst sein (und die meisten haben wirklich einen unglaubliches selbstvertrauen in ihre moralische kohärenz)
was ich damit sagen will: MP Rator hat 5 Punkte aufgezählt, warum er kein fleisch isst. er wird wohl mindestens 4 von diesen 5 Punkten mit anderen Verhaltenweisen direkt contradicten. Das machen alle von uns... aber man sollte es sich immer bewusst sein.
Joa, ganz konsequent bin ich nicht, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich trage Lederschuhe und -gürtel. Im Restaurant esse ich auch Milchprodukte und Eier aus konventioneller Haltung. Ich fliege in die Ferien und verpeste die Luft. Es ist ein Minenfeld in vielen Grautönen. Damit muss und kann ich leben. Trotzdem machen es sich die Meisten zu einfach, indem sie sagen, man habe die Wahl zwischen Schwarz und Weiss, wobei Weiss realistischerweise unerreichbar ist. Jede moralische Argumentation lässt sich irgendwie ad absurdum führen. Willst du sagen, meine "guten" Taten sind wertlos, weil ich auch "schlechte" Taten begehe? Fliessen denn die guten Taten nicht in die Nettorechnung mit ein?
Ich bilde mir keineswegs ein, die moralische Wahrheit zu vertreten, das wäre absurd. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass viele Fleischesser im Prinzip ähnliche moralische Werte vertreten wie ich, diese aber in Hinblick auf ihren Fleischkonsum verdrängen oder mit abstrakten Argumenten weginterpretieren. In diese Wunde möchte ich etwas Salz reiben.