Re: Hättet Ihr anders gespielt?
Ja, 3.33x raise preflop ist extrem gross wenn ihr so short seid, unbedingt kleiner raisen.
Es ist interessant, dass du die sehr gute Frage (bzw. deine Überlegungen) im zweiten Post weggelassen hast und dich auf die Handanalyse konzentriert hast. Das ist schade, denn rein pokerstrategisch ist die Hand nicht sehr interessant. Viel interessanter finde ich, was es in dir auslöste und welche Gedanken du dir dazu machst, das ist eine komplett andere Dimension und auch unheimlich wichtig.
Poker kann doch (auf diesem Level) nur dann ein sinnvoller Zeitvertrieb sein, wenn das Spiel an sich und die gewonnenen Hände den Spasspegel mehr nach oben treiben, als ihn die verlorenen Hände und die Badbeats heruntertreiben - dies ist sicher nicht der Fall, wenn man nach so einer Hand tagelang daran zurückdenkt und zum Teil nicht schlafen kann. Deshalb ist die Auseinandersetzung damit sicher wichtig und wertvoll.
1) Zum pokerstrategischen
Ihr seid schon short und du erhältst ein Monster in einer Situation in welcher deine Rang als sehr weit angesehen wird (Steal Position) - was Besseres kann dir nicht passieren und wenn die Spieler gut und aggressiv sind, werden sie sich auch dementsprechend verhalten und auch ihre Ranges erweitern.
Aus deiner und aus seiner Sicht ist die Hand standard (wie gesagt, normalerweise wärs eher du raised auf ca. 1300, er reraised auf 2500 du pushed).
Deine Überlegungen bei Punkt 2. im Originalpost sind zwar verständlich, sie deuten aber auf eine sich anbahnende BadBeat-Paranoia hin und sind komplett unlogisch - sorry für die klaren Worte, aber das muss unbedingt in den Kopf eines Spielers rein. Dein Punkt 2 sagt folgendes aus:
"Wenn ich preflop nur gecalled hätte, dann hätte ich ihn zum Fold von JJ bringen können und er hätte sein Suckout nicht bekommen.
Diese Überlegung/Schlussfolgerung ist auf einigen Ebenen falsch:
a) er hätte mit JJ bei einem 259 Board und weniger als einer Pot sized Bet behind nie folden können
b) (wichtiger) Du willst NICHT, dass er foldet! Die Tatsache dass er gewonnen hat ändert nichts daran, dass du dich freust, wenn du weit vorne liegst. Sie ändert auch nichts daran, dass du tatsächlich rausfliegen kannst.
2) zum "psychologischen" Aspekt, bzw. wie man mit solchen Situationen umgehen kann
Das ist unheimlich schwierig zu sagen. Es hängt imo sehr stark von der Persönlichkeit ab, aber man kann auf alle Fälle an sich arbeiten. Die Erfahrung, die ins Feld geführt wurde ist schon sehr wichtig und es ist tatsächlich so: wenn man wenig spielt, dann empfindet man diese Hände als isolierte Ereignisse und man hat zu wenig vergleichbare Situationen, um sie korrekt in seine Erfahrungswelt einzuordnen.
Ich bin eher der rationale Typ und und versuche mich mehr auf das Spiel, als auf die Dinge die ich nicht beeinflussen kann zu konzentrieren. Aber das ist einfacher gesagt als getan und ist sehr individuell. Wenn man sich aber oft rational mit gespielten Händen auseinander gesetzt hat, ist es viel leichter bei solchen "wichtigen" Händen auf Distanz zu gehen und einzuschätzen, was "wirklich" passiert ist.
Ich habe für mich ein fixes Ritual um nach "katastrophal" verlaufenen Sessions abzuschalten und den Schalter umzulegen - dies erscheint mir vor allem am späten Abend wichtig, damit ich nicht die halbe Nacht weitergrüble.
Es geht dabei darum, mich mit ganz profanen Dingen wieder geistig in der normalen Welt "zu erden" (wow das klingt fast schon esoterisch lol): die Handhistory auf einen Serverplatz (für den review) legen, 2 Rilke-Gedichte lesen, ein wenig Schokolade essen.
Sowas kann schon helfen (die meisten meiner Kollegen gehen nach einer verlorenen Hand einfach mal eine rauchen, aber ich rauche nicht :-) ).
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