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Bundesratswahl durch das Volk
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M.P.Rator Offline
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Beitrag #39
Re: Bundesratswahl durch das Volk
Hier mal randommässig ein paar links. habe sie bisher nur überflogen, bis auf den ersten, von dem ich mir am meisten verspreche. ich hoffe, dass ich morgen dazu komme.

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zoonpoliticon.ch/blog/6071/abstimmungen-sind-kaum-kauflich-sagt-forscher-hanspeter-kriesi/">http://www.zoonpoliticon.ch/blog/6071/a ... er-kriesi/</a><!-- m -->

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.mit-uns-fuer-uns.ch/blog/?p=1728">http://www.mit-uns-fuer-uns.ch/blog/?p=1728</a><!-- m -->

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.transparency.ch/de/aktuelles_schweiz/meldungen/2012_11_05_NL_Interview_Caroni.php">http://www.transparency.ch/de/aktuelles ... Caroni.php</a><!-- m -->

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.werner-seitz.ch/?o=T_2003_2_Meinungsbildung.htm">http://www.werner-seitz.ch/?o=T_2003_2_ ... ildung.htm</a><!-- m --><br /><br />-- Beitrag erweitert: 09.12.2012, 11:30 -- <br /><br />Ok, der Konsens auf die Frage, ob Abstimmungen käuflich sind oder nicht, scheint "Nein aber..." zu sein. Wie's bei Wahlen in der Schweiz ist, wissen wir nicht.

Dann lasst mich meine Aussage neu formulieren: Die SVP ist so erfolgreich, weil sie provoziert und Ängste instrumentalisiert (egal, ob sie sie nur abschöpft oder auch noch bewusst schürt). Eine BR-Wahl durch das Volk würde der SVP von allen Parteien am meisten nützen, weil sie der Partei zusätzliche Profilierungsmöglichkeiten bieten würde, unabhängig davon, ob sie ihre Kandidaten durchbringt oder nicht. Pax' Bemerkung, dass die SVP u.U. selber gar nicht will, dass die Initiative durchkommt, finde ich spannend, definitiv worth a thought.

Eine Sache, die mit der Diskussion mehr oder weniger im Zusammenhang steht: Ich habe ein grosses Problem mit dem Demokratieverständnis der SVP. Das ist nämlich typisch populistisch à la "das Volk hat immer Recht und braucht keine Wächter". Gemäss der SVP sind Menschenrechte überflüssig. Ich finde diese Ansicht brandgefährlich. Demokratie und Menschenrechte stehen in einem Verhältnis wechselseitiger Voraussetzung. Eine Demokratie ohne unantastbare Grundrechte mutiert unweigerlich zur Diktatur der Mehrheit.

In der Demokratie hat jeder Mensch eine Stimme und jede Stimme ist bei Entscheidungen gleich viel wert. Das ist gut und richtig so. Allerdings folgt daraus nicht, dass auch jede Meinung gleich richtig ist. Zur Demokratie gehört auch der Dialog und der Wettstreit der Ideen. Nur weil jeder mitreden darf, heisst das noch lange nicht, dass jeder recht hat. Überspitzt ausgedrückt, organisiert die SVP einen Club von Ignoranten, der nicht an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner interessiert ist. Die SVP ist der Troll unter den Parteien. Es herrscht die Meinung, dass meine Ignoranz genauso gut ist wie dein Wissen. Und je komplexer die Materie desto hartnäckiger wird diese Attitüde vertreten.

Natürlich ist es legitim und richtig, wenn sich Bauern, Stammtischler, Globalisierungsverlierer u.a. in einer Partei organisieren, um ihre Interessen zu vertreten (ja ich weiss, es gibt auch viele wohlhabende, gebildete und erfolgreiche Menschen in der SVP, ich bin immernoch am überspitzen). Aber die Art und Weise, wie sie dies tun, ist meiner Meinung nach extrem schädlich für unsere Demokratie. Die SVP erklärt die "tumms-Züügs-Einstellung" zum Lebensstil und legitimiert sie damit, dass diese Einstellung von einem grossen Teil der Bevölkerung gelebt wird. Und weil sie von so vielen Menschen vertreten wird, besteht auch kein Grund mehr, sie zu hinterfragen und sich auf einen ernsthaften Diskurs mit Andersdenkenden einzulassen. Weil, woran viele Menschen glauben, das kann nicht falsch sein, right?

Ich bin mir im Klaren darüber, dass ich hier mit so einem rant schnell als elitär und arrogant abgestempelt werden könnte. Imho ist jedoch die Einstellung vieler "dummer" SVP-Wähler nicht minder arrogant. Ich versuche das an einem fiktiven Beispiel zu verdeutlichen:

Ein Bäcker versteht etwas vom Brotbacken. Das weiss er und das wissen auch alle anderen. Der Bäcker weiss zudem, dass der Tischler mehr vom Drechseln versteht als er selber und er würde nie auf die Idee kommen, dem Tischler bei seiner Arbeit dreinzureden. Er würde nie sagen "Nein, du machst das völlig falsch, du musst den Tisch so zusammenbauen, sonst wird das nix". Weder der Bäcker noch der Tischler würden sich gegenseitig dreinreden, weil beide wissen, dass der Andere mehr von seinem Handwerk versteht. Warum ist das so? Wahrscheinlich liegt es an der relativen Überschaubarkeit der Tätigkeiten. Umso tragischer ist es, dass, wenn die Tätigkeiten anderer an Komplexität zunehmen, diese Akzeptanz der Arbeit des Anderen abnimmt. Was der Mensch nicht versteht, dem misstraut er.

Besonders gross scheint mir dieses Misstrauen heutzutage gegenüber "geistigen Arbeitern" zu sein. Die Früchte geistiger Arbeit sind weniger offensichtlich als diejenigen physischer Arbeit. Sie sind i.d.R. weniger klar umrissen und lassen sich auch nicht in einem Satz erklären. Was allerdings erstens nichts an ihrem Wert ändert und zweitens nicht die Expertise der geistigen Arbeiter herabsetzt. Ich finde es immerwieder krass, wenn ich mir als Uniabsolvent von einem "Arbeiter" abfällige Bemerkungen über meine Tätigkeit gefallen lassen muss. Irgendwie treffe ich immerwieder random Leute, die das Gefühl haben, mehr von der Materie, mit der ich mich Jahrelang auseinandergesetzt habe, zu verstehen als ich. Ich masse mir doch auch nicht an, mehr vom Handwerk des Arbeiters zu verstehen als er.

Wirklich schlimm wird's, wenn's um Politik und Wirtschaft geht. Diese Themen sind dermassen komplex, dass selbst unter Experten kein Konsens besteht. Für viele "Stammtischler" scheint dies Grund genug zu sein, alle Politiker und Akademiker über einen Kamm zu scheren und als Dummköpfe hinzustellen. Und weil sie selber keine Ahnung von der Materie haben, treffen sie ihre Wahl- und Abstimmungsentscheide anhand primitiver Proxies, die oftmals gar nichts mit der Sache zu tun haben. Siehe Minarettinitiative oder die Mundart-im-Chindsgi-Initiative. Viele Bürger treffen deshalb ihre Wahl- und Abstimmungsentscheide anhand emotionaler Kriterien und nicht anhand der fachlichen Qualifikation eines Kandidaten oder der Güte einer Abstimmungsvorlage. Es spielt keine Rolle, ob ein Kandidat kompetent ist, es geht nur noch darum woher er kommt, wie er aufgewachsen ist, ob er in die Kirche geht und ob er "einer von uns" ist.

Man halte sich diese perverse Logik einmal vor Augen: Mir und jedem anderen vernünftigen Menschen ist es scheissegal, was der Bäcker, von dem ich mein Brot kaufe, oder der Tischler, bei dem ich einen Stuhl kaufe, für Werte vertreten oder woher sie stammen. Selbst bei den meisten Höhergebildeten ist's mir egal. Es interessiert mich nicht, ob der Chirurg, der mich operieren soll, rechts oder links ist, religiös oder atheistisch ist. Es interessiert mich nicht, ob der Pilot, der mein Flugzeug fliegt, Vegetarier ist oder nicht. Das einzige was mich interessiert ist, dass diese Leute in ihrem Fachgebiet kompetent sind und ihre Arbeit gut machen. Aber wenn es um Politiker geht - die Menschen die unser Land lenken und die vielleicht weitreichendsten Entscheidungen treffen - ist die fachliche Qualifikation plötzlich nicht mehr das wichtigste, WTF?

No disrespect an die Bäcker, Tischler und Arbeiter der Schweiz, aber ich würde mir wünschen, dass auch sie gegenüber Andersdenkenden und deren Leistungen ein wenig mehr Respekt aufbringen und die eigene Einstellung öfters mal hinterfragen würden. Aber populistische Parteien - links wie rechts, jedoch in der CH vorallem die SVP - tun genau das Gegenteil davon. Und das ist wirklich schlecht für die Schweiz und für die demokratische Kultur.
12-09-2012 12:30 PM
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