M.P.Rator schrieb:Joa, ganz konsequent bin ich nicht, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich trage Lederschuhe und -gürtel. Im Restaurant esse ich auch Milchprodukte und Eier aus konventioneller Haltung. Ich fliege in die Ferien und verpeste die Luft. Es ist ein Minenfeld in vielen Grautönen. Damit muss und kann ich leben. Trotzdem machen es sich die Meisten zu einfach, indem sie sagen, man habe die Wahl zwischen Schwarz und Weiss, wobei Weiss realistischerweise unerreichbar ist. Jede moralische Argumentation lässt sich irgendwie ad absurdum führen. Willst du sagen, meine "guten" Taten sind wertlos, weil ich auch "schlechte" Taten begehe? Fliessen denn die guten Taten nicht in die Nettorechnung mit ein?
Ich bilde mir keineswegs ein, die moralische Wahrheit zu vertreten, das wäre absurd. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass viele Fleischesser im Prinzip ähnliche moralische Werte vertreten wie ich, diese aber in Hinblick auf ihren Fleischkonsum verdrängen oder mit abstrakten Argumenten weginterpretieren. In diese Wunde möchte ich etwas Salz reiben.
Nein ich will dir auf keinen Fall unterstellen, dass es "eh nutzlos" ist. Ich will nur sagen: auch du vertrittst keine kohärente Sichtweitweise (wie ich obv. auch nicht am Ende des tages), was du ja hier auch schreibst, aber die meisten Vegetarier sehen das NICHT so.
Ich will einfach sagen: wenn ich ein Kobe Rind esse, dann kannst du mir ja wirklich nicht den Vorwurf machen, ich tue irgendwelchen tieren ein "Leid" an (und am ende zielt diese argumentation auch auf die "netto Glücklichkeit" ab, also so abstrakt ist die nicht). Und es kann vom "Leid antun" her nicht verwerflich sein, wenn ich so ein Rind esse, bzw. ich kann es hinten und vorne nicht nachvollziehen. Das Rind war nur noch happy, und irgendwann muss es sterben durch meine Hand. Aber ein Kobe Rind ist sicher nicht weniger "glücklich" und muss nicht mehr "leiden" als ein average Gnu in der afrikanischen Savanne. Darum erschliesst sich für mich der Vegetarismus nicht wirklich aus diesem Betrachtungspunkt, weil es eine "vereinfachte" heuristik ist. Damit mein ich obv. nicht so viele Tiere wie möglich in die Welt setzen, oder sowas. Mir gehts nur darum, dass es nicht schlecht ist so ein Tier zu züchten, es fair zu behandeln und dann irgendwann zu schlachten und zu essen, einfach weil ich gern fleisch habe. Die alternative wäre, die Kuh gar nicht züchten, sprich es hätte nie exisitert, und das eine über das andere irgendwie zu präferieren geht genau in die Abtreibungsdebatte rein. Und das wollen wir ja eben nicht.
Klar das Kobe Rind ist nicht räpresentativ, aber es ist ein Beispiel dafür, dass das
"ich will nicht verantwortlich sein für das leiden von tieren" NICHT in vegetarismus endet. Es gibt x Möglichkeiten in der Schweiz, Fleisch zu kriegen, wo man wirklich sagen kann, dass diese Tiere nicht leiden müssen. Obv. ist das Fleisch teuer und aufwändig erstellt, aber es ist ganz ganz klar möglich. Ich kann das Argument, dass Tiere ihren grundbedürfnissen nicht nachgehen können etc. völlig verstehen und versuche das selber miteinzubeziehen, auch wenn ich es oft extra verdränge (sicher viel öfters als du, der es "nur" mit Lederschuhen macht
). Aber wenn einem das sehr sehr wichtig wäre, würde das alleine imo einfach nicht vegetarismus bedeuten. (ich mein kommt noch dazu, dass du das problem mit allen tierischen produkten genau so hast).
Btw. kann man anhand der fleischqualität teilweise ableiten, wie gut das Tier gelebt hat. Hochqualitatives Fleisch, sieht anders aus, und schmeckt anders als fleisch von Tieren, die ihren Grundbedürfnissen nicht nachkommen können. Man siehts extrem beim poulet, aber auch bei Rindfleisch.
Und dieser "ich will tieren nicht leid zufügen" Geschichte ist einfach komplett zu trennen vom Ökologischen/Ökonomischen Argument.
Und auch bei dem zweiten , ökonomischen part muss ich einfach sagen: Bis zu einem gewissen grad ist es halt inkonsequent, und biased. Das argument => "viel kalorien werden verschwendet um fleisch herzustellen, ergo könnten andere dies essen" scheint zwar sehr überzeugend, aber ökonomisch unterscheidet sich Fleischproduktion in keinster Weise von jedem anderen Luxusgut. Ich kann verstehen, dass es dies emotional tut, weil es sich sehr wie "kalorienverschwendung" => (kalorien verfüttert an weniger kalorien + treibhausgase) anfühlt. Aber am Ende des Tages ist es nun egal, ob leute essen für tiere herstellen, anstelle für menschen, oder ob menschen ipods herstellen, anstelle von essen für Menschen. Die Welt wäre easy fähig alle Menschen zu ernähren. Einerseits, in dem sich alle Vegetarisch ernähren, anderseits in dem wir aufhören Ipods zu benutzen und anstelle davon mehr Leuten sagen sie sollen essen produzieren. Wir könnten vielleicht sogar alle Menschen nur mit Fleisch ernähren, wenn wir das wollten...
Am Ende des Tages entsteht imo Vegetarismus aufgrund der selben "emotionalen biases" wie fleisch essen. Man sagt leute verdrängen, wie die tiere behandelt werden, weil sie es nicht sehen etc. (zu recht!) und fällt in die nächste falle: man glaubt, dass jedes fleisch-essen tieren leid zufügt, und speziell überbewertet man die "kalorienvernichtung" die stattfindet, weil sie einfacher nachvollziehbar ist, als die eben indirekte, nicht so einfach sichtbare "kalorienvernichtung" durch nachfragen von Luxusgütern.
Ich mein ich will dich auf keinen Fall überzeugen etc, wenn es für dich emotional stimmt, dann ist es gut, aber ich will einfach darauf hinweisen, dass du am ende des tages immer noch die selben fehlüberlegungen machst wie klitschko, einfach an einem anderen Ort. Genau so wie ich darauf achte, dass ich extrem gute fleischqualität konsumiere, weil ich finde, das ein Tier glücklich gewesen sein soll, aber sobald ich ins Restaurant gehe, verdränge ich es nicely
. Ich weiss du sagst klitschko hat seine facts nicht straight etc. (was wohl auch stimmt) aber deine Ökonomischen Grundüberlegungen warum Vegetarismus "gut" ist, besteht auch nur emotional, aber nicht wirklich ökonomisch.
Ich mein du scheinst mir jemand, der wirklich extrem sein Verhalten hinterfragt, und keine "Last" für die Gesellschaft sein will, und kein "Egoist" etc. etc. und ich find das extrem bewundernswert, und obv. sollten alle Leute so sein wie du. Ich kann einfach als input geben, dass man irgendwo akzeptieren muss, dass man es nicht wirklich richtig machen kann. Du macht wohl nichts schlechter, wenn du einmal pro Woche/Monat zum Metzger gehst, der dir ein teures Rindsfilet verkauft, das von irgend nem Rind ausm lokalen Bauernhof kommt, das den ganzen tag auf der Weide rumdüdelt und am abend in den warmen Stall kann
. Ich mein wenn der Vegetarismus so weit geht, dass du dann in jeder spezialsituation emotional einen riesen fight hast, ob du dieses Fleisch nun essen sollst oder nicht, dann ist es einfach schade, weil imo beschäftigst du dich dann mit etwas zu fest, das eigentlich relativ irrelevant ist.
Und ab dem Punkt, wo man sich wirklich extrem mit dieser selbstgefassten "Regel" einschränkt und nur noch an dem rumstudiert, geht es imo einfach zu weit (bei dir scheint das nicht der fall zu sein, und ich will dich keinesfalls vom vegetarismus abbringen). Aber viele Leute steigern sich einfach bei so Dingen zu sehr rein, und
imo ist schon "konsequent" Vegi eine ziemliche "reinsteigerung".
Ich habe eben diese theorie, dass diese "biologische" Askese von menschen von dem selben trigger herrührt, wie früher die religöse. Und ich finde man sollte es da eindeutig nicht zu weit treiben. (Nicht das ich dir das unterstelle, aber was ich von dir so weiss bist du tendentiell anfällig auf sowas (und das ist NICHT negativ gemeint).