Hoi zäme
ich verstehe nicht ganz, wie hier doch einige Mitglieder den Beobachter-Artikel so positiv beurteilen. Sicherlich, er zeigt (nicht zum ersten Mal) ein Problem im Zusammenhang mit Poker auf, die Spielsucht (sei es nun beim Online-Poker oder live), für welches ein zufriedenstellende Lösung gefunden werden muss. Hier ist der Status Quo sicherlich nicht befriedigend, es muss mehr auf Prävention, Eigenverantwortung, Selbstregulierung gesetzt werden. Vielleicht auch noch weitergehende Methoden, wenn das Problem tatsächlich derart ausgeprägt sein sollte. Das muss diskutiert werden.
Doch abgesehen davon schadet der Artikel doch uns allen nur, durch das scheinheilige Moralisieren und durch die "Experten" für Spielsucht, welche selbst das Spiel offensichtlich nicht richtig verstehen.
Negativer Grundtenor und Unterton
- Auf positive Aspekte, die durchaus vorhanden sind, wird überhaupt nicht eingegangen. Im Gegenteil, schon in der Überschrift merkt man, in welche Richtung der Artikel geht (der "zweifelhafte Boom" Poker).
- Unterton wie immer im Beobachter "arme Bürger, werden ausgenommen, können nicht auf sich selbst aufpassen" - böse Casinos, sind an allem schuld, haben den ganzen Boom zu verantworten - Eigenverantwortung wird niemandem zuerkannt!
- Pokersucht durchaus vergleichbar mit Heroinsucht - Einstiegsdroge Pokerturniere :roll:
Aufbau des Artikels
- Eine oft verwendete Praxis bei solch tendenziösem Journalismus, deswegen aber nicht besser: Es werden willkürlich Zitate und Aussagen verschiedener Pokerspieler, Forennutzer und "Experten" zusammengewürfelt, welche die negative Grundaussage des Artikels untermauern. Auf den Kontext dieser Aussagen wird gar nicht eingegangen, und schon gar nicht auf andere Meinungen.
-Keine Lösung oder Verbesserung der Situation wird aufgezeigt (soll etwa alles verboten werden wegen einiger weniger, die sich selbst nicht im Griff haben??)
Fragwürdige und schlicht falsche Aussagen:
- Das Spiel sei nicht trainierbar (zumindest implizite Aussage eines Spielsucht-Experten), das "Training" führe zu Spielsucht mit den damit verbundenen negaitiven Folgen. Vor allem wenn das Spiel online betrieben werde.
--> Quatsch, neben dem Studium der Theorie, dem Nachdenken und Bewerten von Händen etc. bringen einen durchaus die Praxis, die gespielten Hände weiter als Pokerspieler. Gerade online, wo es möglich ist, viel schneller zu lernen, da in kürzerer Zeit mehr Hände gespielt werden.
- "Rhino Matthis verlor in Monte Carlo 30'000.- vor kurzem" - Investieren nennt er das --> Mal abgesehen, dass der Buy-In für das erwähnte Turnier wohl nicht notwendigerweise von Rhino bezahlt wurde (ich weiss es nicht!), wird die Denkweise von Profis überhaupt nicht erklärt. Dass es für diese darum geht, bei möglichst vielen Turnieren möglichst gut zu spielen, und dass sich dann der Erfolg über alle Turniere gesehen früher oder später einstellen dürfte. Dass also das Ergebnis bei einem einzelnen Turnier absolut nichtssagend ist und der Begriff "investieren" in diesem Zusammenhang durchaus Sinn macht.
Zitat:Poker und andere Glücksspiele sind keineswegs Spass und Unterhaltung in glamourösem Ambiente, wie das Veranstalter und Kasinos gerne beschreiben.
Kommentar vielleicht unnötig, hier wird Poker mit Roulette und Automaten in einen Topf geworfen. Je nach Art des Spiels und Samplesize ist Poker kein Glücksspiel oder zumindest nicht ausschliesslich Glücksspiel. Und definitiv nicht mit den anderen "Casino-Games" vergleichbar. Hat sich der Journi überhaupt mit der Materie befasst?!
Zitat:Frauen und Männer, die offensichtlich auch ausserhalb der Kasinos nicht gerade auf der Gewinnerseite des Lebens stehen, setzen mit starrem Blick ihr sauer Verdientes, ihre Rente, ihr Haushaltsgeld. An den Spieltischen herrscht eisiges Schweigen, der soziale Kontakt beschränkt sich allenfalls auf Small Talk vor und nach dem Spiel.
Mal abgesehen von dem erwähnten negativen Unterton ("starrer Blick", "eisiges Schweigen" --> offenbar ist dem Schreiberling nicht bewusst, dass es sich bei Poker durchaus um eine intellektuelle Herausforderung geht, welche Konzentration erfordert!) - setzt ihr alle eure Rente und Euer Haushaltsgeld am Pokertisch??!
Ernsthaft, ich will gar nicht ausschliessen, dass es solche traurigen Fälle gibt, deswegen bin ich ja auch für die oben erwähnten Massnahmen gegen Spielsucht. Aber so extrem dürfte es in den seltensten Fällen sein, der Eindruck, der dem (uninformierten) Leser aber gegeben wird, ist der, dass dies die Regel sei! Von einem ausgewogenen Artikel erwarte ich etwas anderes. Ohnehin kann man wohl getrost davon ausgehen, dass die meisten wirklich Spielsüchtigen bei den Automaten, sowie Roulette anzutreffen sind - bei den echten Glücksspielen eben. Oder die Hausfrauen, die ihr Haushaltsgeld mit den doofen Losen am Kiosk verpulvern (jaja, der Lotteriefonds profitiert davon :roll: ).
Und was soll die Behauptung, dass Pokerspieler im richtigen Leben nicht auf der Gewinnerseite stehen? Das ist doch die dümmste Unterstellung des Artikels. Ich wage die Behauptung, dass die meisten regelmässigen Pokerspieler durchaus über eine überdurchschnittliche Bildung verfügen und auch beruflich überdurchschnittlich erfolgreich sind. Merkt Ihr nicht, wie es hier nur darum geht, die bösen Casinos zu diffamieren, sowie die Pokerspieler als tumbe Spielsüchtige Verlierer darzustellen?! :evil: