Paxinor schrieb:das ändert nichts daran, das selbe argumente grundsätzlich für roulette und blackjack ebenfalls halten, und relativ gesehen poker immer mehr ein glücksspiel ist, als diejenigen varianten... es gibt für beide spiele "dumme" strategien, wie z.B. auf alle zahlen setzen oder eben immer karten ziehen, so wie es deine mutter... das würde ja bedeuten, das kein einziges spiel ein glücksspiel ist auf dieser welt.]
Doch, z.B. Würfeln. Bei 1 bis 3 gweninne ich und bei 4 bis 6 du. Das kann ich auch gegen einen Affen spielen und es kommt immer das gleiche raus. Der ev VON MIR UND DEM AFFEN IST IMMER 0.5. Somit ist sicher nicht jedes Spiel ein Glücksspiel. Für mich - und ich denke eben auch für den Gesetzgeber - liegt ein Glücksspiel dann vor, wenn bei zwei Spielern der EV eines Spieler einen Wert >0.75 erreichen kann.
Paxinor schrieb:grundsätzlich impliziert das gesetz ein eindeutiger bezug zum EV, und sprich "mehrheitlich Glück" relativ zum gezeigten können... am ende geht es dem gesetzgeber darum, soziale kosten zu minimieren, die sich eben auf empirisch beobachtete und realistische Erwartungswerte beziehen müssen, da nur diese soziale kosten verursachen... ja Poker ist obv. kein glücksspiel, wenn ich es gegen einen affen spiele, der einfach chips in die mitte schmeisst, aber das interessiert doch den gesetzgeber nicht, weil er will den affen nicht schützen.]
Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Genau dieser Affe könnte meine Mutter ersetzen ;-)
Der Gesetzgeber hat eine Norm zur Spezifizierung von Glücksspielen definiert. Und diese Norm lautet, dass der Anteil an Zufall 50% nicht übersteigen darf. Und das gilt es zu untersuchen und dafür eignet sich wirklich neben meiner Mutter ein Affe ganz hervorragend.
Paxinor schrieb:Den gesetzgeber interessiert die sozialen kosten durch den fehler des signals die die menschen strategien falsch beurteilen lassen... und dies muss nunmal über alles gesehen werden.
Jo, das ist der Grund des Gesetzes. (Neben dem puritanischen Ethos "wir sollen schaffen und nicht rumhuren, rumsaufen und sonst rumlungern) Das ist aber nicht der Inhalt des Gesetzes.
Paxinor schrieb:Es gibt im moment kein Spiel, wo wir tiefe BR requirements empfehlen könnten, von dem her müssen all diese Spiele verboten sein... who cares about irgend n rein theoretisches matchup zweier strategien, die gewählt sind, um ev zu minimieren? again, ich finde so eine strategie für jedes spiel auf dieser welt...
NEIN, sicher nicht. Schon erwähntes Beispiel Würfeln.
Paxinor schrieb:dein kasparov karpov beispiel ist methodisch falsch, gerade weil es perfekt den unterschied zeigt... eine beliebig kleine verschiebung des könnens, sei es durch tagesform oder sonstige kleine variabeln, schlägt sich sofort im resultat nieder. Wenn Karpov an einem Tag nur ein wenig besser ist als Kasparov, kann er dies an seinem resultat sofort ablesen... und er kann versuchen, dieses stadium wieder zu erreichen, weil er variabeln suchen kann, die diese tagesform ausmachen... Die "Varianz" in schach kommt durch verschiedene EVs einer strategie, die keine sozialen kosten verursachen, weil sie dadurch automatisch schliessen können, das sie nah dran sind, und darum erwarten können etwa gleich viele spiele zu gewinnen auch in zukunft
Völlig einverstanden, darum ist Schach eben ein reines Geschicklichkeitsspiel ohne Zufallskomponente. Ich sehe aber nicht wo der Methodikfehler bzgl meinem Model besteht.
Paxinor schrieb:die Varianz von Poker kommt mehrheitlich endogen, sprich eine kleine veränderung im EV schlägt sich überhaupt nicht im resultat nieder, und darum gibt es eben diese soziale kosten durch control illusion etc.
Völlig einverstanden. Das hat aber nichts mit der Begriffsdefinition Glücksspiel im Gesetz zu tun.
Paxinor schrieb:das vergangene resultat eines sports wie schach oder fussball, ist, ceteris paribus, sprich wenn sich aus irgend einem grund die eigenschaften nicht verändern, eben einge gute prognose für die zukunftigen resultate... im gegensatz zu poker...
Nicht einverstanden. Der Affe wird in der Regel gegen Phil verlieren. Und wenn Phil gegen mich spielt ist es auch nicht viel closer :oops: Also hat man sehr wohl eine Prognosefähikeit im Poker. Sonst würde übrigens kein Buchmacher der Welt Wetten mit besseren Quoten als die eines EV/(Anzahl Teilnehmer) annehmen. Und auch im Fussball habe ich natürlich einige zufällige Einflüsse (wie z.B. Schiedsrichterfehlentscheide, dauernd nur den Pfosten zu treffen, etc), wenn auch viel geringere als im Pokern. Spielt aber auch gar keine Rolle, da der gesetzgeber nicht sagt, es darf im Glücksspiel keine Zufallskomponente enthalten sein, er sagt nur diese komponenten dürfen nicht überwiegen. Und wieder, darum müssen wir diese zufällige Komponenten über eine empirische Studie versuchen zu quantifizieren.
Paxinor schrieb:in poker gibts diese varianz in EV von spielern übrigens auch, darum ist die varianz gemessen in Statistiken von Pokerspielern höher als man theoretisch erwarten könnte von simulationen, wo man den EV fixiert und simulationen macht... wärend in schach wenn der EV fixiert ist, wo die strategien genau gleich bleiben, immer der selbe outcome errechnet wird.
Einverstanden
Paxinor schrieb:Und bevor du das argument "ja von hand zu hand verschiedene strategie in poker, daher kommt die varianz" kommst, bitte schnell die definition von strategie nachlesen...
hmmm, ich habe eben nochmal geschaut. Ich weiss nicht wo ich das Wort Strategie im letzten Post in den Mund genommen habe. Schliesse aber nicht aus, dass ich es in einem vorherigen getan habe und evtl. in einem umgangssprachlichen und nicht korrekten spieltheoretischen... Ich weiss aber wirklich nicht, auf welche meiner Argumente du mit der Aussage abzielst.
Paxinor schrieb:am ende vom tage versuchtst du es dir mit (cleveren) theoretischen beispielen hinzureden, wobei du eigentlich weisst das es völlig unrealistisch und auch irrelevant ist, v.A. aus sicht das gesetzgebers... deine argumentation differenziert poker null von anderen glücksspielen, und das ist ja einer der hauptpunkte meiner argumentation...
Nicht einverstanden. Natürlich differenziert es, weil ich eben einen EV von >0.75 in meinem empirischen Modell erreichen muss um es als Geschicklichkeitsspiel gelten lassen zu dürfen.
Paxinor schrieb:zudem ist es die klare zielfunktion des gesetzgebers, soziale kosten durch das "noisy signal" von poker zu minimieren... Das heisst alle Spiele zu verhindern, wo es dazu kommen könnte, das eben das noisy signal so schlecht ist, das es soziale kosten hervorruft. Wir wissen alle, das dies auf alle heute angebotenen tourneys durchschnittlich zutrifft
Aber das ist nicht Gegenstand des Gesetzes zum Glücksspiel. Die Anforderungen dort sind klar und behandeln in keiner Weise, dass durch Spiele mit einer Zufallskomponente der Spieler den irrigen Eindruck haben könnte, bei einem Gewinn der Meinung zu sein deshalb gewonnen zu haben weil er gut spielt. Wenn dem so wäre, dann
wäre jegliche Zufallskomponente in einem Spiel verboten. Das ist aber ausdrücklich(!) im Gesetz so nicht vorgesehen
Paxinor schrieb:und wir müssen uns überlegen, wie wir pokerspiele anbieten können, ohne das diese sozialen kosten allzu relevant werden... und das geht nunmal nur über eine begrenzung des angebots... was natürlich nicht zwingend heisst das wir nicht dafür arbeiten sollten das eine SPMT erlaubt ist
Wie schon x-mal gesagt. Soziale Kosten spielen in meiner Argumentation keine Rolle da sie nicht Gegenstand der Legaldefinition von Glücksspiel ist. Ich stimme dir völlig zu dass man die leute auch vor sich selbst schützen muss. Aber das muss verhältnismässig bleiben und es gibt hunderte von legalen Möglichkeiten um Geld zu verspewen und Sozial Kosten zu generieren und der Gesetzgeber schreitet dort nicht ein. Was auch meistens korrekt ist, da wir freiheitlich und selbstbestimmt leben (dürfen).
Aber tourney mit buy-ins zwischen 50 - 500 CHF zählen in meinen Augen eindeutig zur Kategorie SELBSTBESTIMMUNG.
Abschliessend... auch wenn wir völlig anderer Meinung sind, wodurch ein Glücksspiel definiert ist (und ich habe den Eindruck du orientierst dich nicht an der Legaldefinition) haben wir einen interessanten Diskurs. Aber du rückst offensichtlich nicht von der Meinung ab, dass Pokern deshalb als Glücksspiel zu bezeichnen ist, weil Spieler den Eindruck haben könnten ob iher Geschicklichkeit zu gewinnen statt den Gewinn der Varianz zuzuordnen. Und ich rücke nachwievor nicht davon ab, dass die Definition eines Glücksspieles sich von der Legaldefinition ableiten lassen muss.
Aber immerhin wissen wir jetzt, warum wir unterschiedlicher Standpunkte sind bzgl Poker = Glück- oder Geschicklichkeitsspiel. Und das ist doch schon mal was. Und ich glaube auch, dass wir beide nicht die sachliche Richtigkeit der Aussagen des anderen bestreiten, wir sind uns eben nur uneins in der Beurteilung was der Gradmesser eines Glücksspieles ist. Agree?
Lustig finde ich noch nebenbei, die "unkritische Dynamik" die ein Forum auslösen kann. Ich behaupte mal - ohne es beweisen zu können - dass ein nicht unerheblicher Teil der Poster, die deine Argumentation bejubeln nach dem Motto "endlich mal jemand der eine fundierte Beweisführung erbracht hat", den Kern deiner Argumentation überhaupt verstanden hat. Ja, so einfach sind Menschen zu manipulieren.
Ich für meinen Teil habe die Statistischen Details deiner Ausführungen auch nicht alle verstanden, habe aber deine Argumentation zum Anstoss genommen mein altes Statistikbuch (Statistik, Bamber/Bauer 1991(!)) vorzukramen um etwas mehr zu verstehen was du mir/uns sagen willst. Das hat mir Spass gemacht!