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Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen?
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armi94 Offline
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Beitrag #156
Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen?
Passt imo ganz gut zum Thema da der Begriff Wirtschaft/Wirtschaftstheorie ja relativ oft hier rumschwirrt daher ufgrund u.a. von YrrsiN's und meinem Interesse am Thema hier noch der

Kommentar zu Henn’s „Wirtschaft“ (vrgl.: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.markus-henn.net/wirtschaft.html">http://www.markus-henn.net/wirtschaft.html</a><!-- m -->)

1) Imo ziemlich treffend und wird genauso impliziert durch vorhandene Besitzrechte und der daraus folgenden einzigen Möglichkeit des Austausch von Gütern durch Handel.

2) Kooperation auf individueller und auf Firmenebene kann positive Effekt haben, auf Firmenebene führt Kooperation im Sinne von Kartellen aber zu Wohlfahrtsverlusten. Wirtschaftstheorie fällt desweiteren kein Urteil darüber ob etwas Bestimmtes erstrebenswert ist oder nicht. Das entscheiden unter Standardannahmen die Individuen selbst und handeln so, dass sie ihre Wünsche möglichst befriedigen.

3) Offensichtlicherweise kann Konkurrenz Kooperation überlegen sein, weil sie dazu führen kann, dass Firmen ihre Ressourcen bestmöglich einsetzen und möglichst wenig/nichts verschwenden (Effizienz).

4) Gewinnstreben ist NICHT das erste Prinzip der Wirtschaftstheorie (es gibt kein erstes Prinzip). Es wird in den Standardannahmen der Wirtschaftstheorie lediglich unterstellt dass Firmen (respektive die Individuen die diese besitzen) gewinnmaximierend agieren. Dass dies nicht immer der Realität entsprechen muss ist intuitiv einleuchtend. Das allein impliziert aber noch nicht, dass es keine genügend Gute Annahme für theoretische und empirische Zwecke ist.

5) Ob die Chinesen dem Markt die „richtigen“ Grenzen setzt wage ich stark zu bezweifeln.
6) Begreife die Aussage resp. den Sinn dieser nicht wirklich.

7) Die Annahmen der Wirtschaftstheorie unterstellen KEINE objektiven Werte. Im Gegenteil, jeder Wert der ein Individuum einem Gegenstand zuordnet wird als subjektiv und von den Präferenzen des Individuums abhängig betrachtet. Die Summe der individuellen Wertschätzungen gibt Aufschluss über die aggregierte Wertschätzung (zumindest theoretisch). Die Entscheidung über die Allokation von Ressourcen mag problematisch sein im Sinne des Ressourcenaufwands die für diese Entscheidung benötigt werden (Rechenkapazität). Die Annahmen der Wirtschaftstheorie unterstellen in der Regel, dass Menschen ihre Präferenzen kennen und jeweils zwei Konsumbündel logisch ordnen können (gemäss ihren Präferenzen). Der Wert dieser Konsumbündel (z.B. in Nutzeneinheiten) ist arbiträr, das einzige was die Wirtschaftstheorie unterstellt ist das Menschen ordinal zwischen Güterbündeln in einer logischen (Transitivität) Weise unterscheiden. Allein aus anekdotischer Sicht scheint mir das eine vernünftige Annahme für viele Fälle.

8) Die Wirtschaftstheorie (die Theorie und nicht unbedingt die Empirie) benötigt KEINE messbaren Werte. Ein aus ökonomischer Sicht völlig rationaler Agent könnte zum Beispiel religiös sein. Das ist völlig abhängig von Präferenzstrukturen die als gegeben betrachtet werden.

9) Dieser Punkt hat meiner Meinung nach eine gewisse Rechtfertigung. Allerdings ist man sich dieses Problems meines Wissens nach bewusst. Man muss allerdings klarstellen dass die Wirtschaftstheorie (Volkswirtschaftslehre!) keine Handlungsempfehlungen abgibt sondern lediglich Annahmen über Verhaltensweisen trifft (also nicht: „Maximiere den Gewinn, Firma!“ Sondern „Eine vernünftige Annahme um das Verhalten von Firmen zu beschreiben scheint Gewinnmaximierung zu sein.“).

10) Die Literatur zu dem Thema zeigt dass Menschen systematisch Fehler machen auch bezüglich dessen was sie glücklich macht. Das kann ein Problem in spezifischen empirischen Anwendungen sein, stellt aber die Folgerungen basierend auf den Annahmen nicht in Frage (eher die Annahmen selbst). Man muss meiner Meinung nach viele der Annahmen der Wirtschaftstheorie als Approximation sehen und für empirische Zwecke reichen sehr schwache Annahmen (z.B. kurzfristig stabile Präferenzen zusammen mit Erwartungsnutzenmaximierendem Verhalten inkl. zufälligen Fehlern) aus.

12) Aufgrund der bereits genannten Argumente ist dies auch nicht „Aufgabe“ der Wirtschaftswissenschaften, sondern in der Regel eher Psychologen und Soziologen zu überlassen welche sich mit solchen Fragestellungen schon länger und intensiver befassen.

13) Klar kann sich ein individueller beigemessener Wert fundamental vom Preis unterscheiden, ansonsten würden wir bei jedem Einkauf eine Münze werfen (wir wären indifferent da Preis=subj. Wert). Der Preis ergibt sich aus der aggregierten Wertschätzung der Menschen und ist daher trotzdem wohl noch die beste Schätzung für den Wert einer Sache/Handlung, auch wenn sich individuelle Werte fundamental davon unterscheiden.

14) Sie „sollte“ dies nicht nur, sondern "sie" wird dies tun, das lässt sich mathematisch aus Standardannahmen ableiten. Der Rest ist seine Interpretation, darüber macht die Wirtschaftstheorie wohl implizit Aussagen (bestimmte Arbeiten die von einem Individuum präferiert werden, werden von diesem Individuum zu niedrigerem Lohn ausgeführt als von einem anderen Individuum welches die Arbeit verabscheut).

15) Wie oben gesagt macht Wirtschaftstheorie afaik keine spezifischen Aussagen über die Verbindung von Wert und Arbeits(zeit). Das war noch zu den Zeiten von Adam Smith so, dessen Aussagen waren allerdings eher beschreibender als theoretischer Natur (soweit ich das nach 80 Seiten beurteilen kann).

Kurzum: Herr Henn scheint viele valide Punkte aufzubringen, allerdings tangieren nur wenige die „reine“ Wirtschaftstheorie und eher die empirische Praxis. Seiner Kritik ist man sich wohl bewusst, allerdings stellt sich die Frage ob es eine bessere Alternative zur gängigen Praxis der Anwendung von Wirtschaftstheorie gibt, die genauer erklärt ohne jedes Mal ein anderes Verhaltensmodell zu unterstellen.

Evtl. wäre es Mal an der Zeit einen Thread mit einer Kurzeinführung zu Annahmen Wirtschaftstheorie zu machen ;-).
01-26-2013 05:21 PM
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Re: Wohlstand und Reichtum: Sind wir die Bösen? - armi94 - 01-26-2013 05:21 PM

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