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Re: Bundesratswahl durch das Volk - armi94 - 12-10-2012 11:24 PM

Bei Diebstahl entsteht nur kein Schaden wenn keine Transaktionskosten fällig werden (kein Aufwand betrieben wird um etwas zu stehlen) und wenn keine Anreize verändert werden (also der der Bestohlen verändert sein Verhalten nicht). Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind entsteht kein (monetärer) Schaden. In der realen Welt entsteht also immer ein (monetärer) Schaden.

Klar gibt es nicht nur monetären Schaden, nicht monetärer Schaden hat oft eine immense Bedeutung und wird von Wirtschaftstheorie in keinster Weise ausgeschlossen. Aber wenn du davon ausgehst dass sich der emotionale Nutzenverlust beider Parteien etwa ausgleicht ist der monetäre Verlust ein sehr gute Proxy für nen Gesamtnutzenverlust.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - M.P.Rator - 12-10-2012 11:49 PM

Paxinor schrieb:was ist den das reale problem, dass die SVP kreiert? klar die minarettinitative hätte nicht sein müssen, dito ausschaffungsinitative (die imo hat sein müssen, einfach nicht so bescheuert formuliert, sprich gegenvorschlag ftw). Und ja es gibt einiges an rassisten unter ihnen, aber ich versteh nicht so ganz warum die SVP per se verteufelt wird? Ich mein jetzt vom realen impact her. Klar wenn Ulrich Schlüer "Präsident" der Schweiz wäre und Gesetze machen könnte, wäre es kein schönes land.

Aber der reale impact ist ja überhaupt nicht extrem und ich muss zugeben ab und zu ganz positiv. Imo bewegt sich z.B. die reale Ausländerpolitik in die richtung, in die es die Bevölkerung will, und ich finde auch in die richtige Richtung... und die SVP hat ihren teil dazu beigetragen, dass die Linke von ihrem extremen Gutmenschentum weggekommen sind, die imo in eine sehr problematische Ausländerpolitik geführt hat mit vielen Fehlanreizen.
Sicher, nicht alles, was die SVP macht, ist schlecht oder wirkt sich schlecht aus. Man könnte zB argumentieren, dass die SVP die Politik interessanter für den einfachen Bürger macht und die SVP damit verhindert, dass Politik nur noch von den oberen Zehntausend diskutiert wird. Und auch nicht alle inhaltlichen Inputs der SVP sind schlecht.

Der Schaden, den die SVP anrichtet und bereits angerichtet hat, resultiert aus ihrer besonders unsachlichen und populistischen Art zu politisieren. In den letzten Jahren konnten wir beobachten, wie die SVP dank ihrer provokativen Art ihren Stimmenanteil mehr und mehr ausbauen konnte. Besonders die Mitteparteien gerieten unter starken Druck. Sie standen vor dem Dilemma, dass sie als Mitteparteien nicht so einfache und einseitige Parolen vertreten konnten wie die SVP. Die CVP und FDP müssen sich einerseits stilistisch und inhaltlich klar von der SVP abgrenzen, andererseits können sie nicht einfach die entgegengesetzte Meinung der SVP vertreten, weil das macht ja schon die SP. Das Resultat ist eine zunehmende politische Polarisierung der Parteienlandschaft über die letzten Jahre. Das erschwert die Regierungsarbeit ungemein.

Ein weiteres Problem des SVP-Populismus ist dieses rechtsalternative Paralleluniversum, das sie in den Köpfen vieler Bürger perpetuiert. Wie bereits beschrieben, sind viele SVP-Wähler überhaupt nicht an einem Dialog interessiert und sehen ihre Geisteshaltung in der Tatsache bestätigt, dass ein beträchtlicher Teil der Bürger so tickt. Die SVP hegt und pflegt diese Geisteshaltung, diesen Lebensstil. Parteiblätter wie die Weltwoche publizieren stets zuverlässig das Gegenteil des aktuellen Mainstream-Konsens. Es ist total vorhersehbar und gehört zum Programm. Das hat allerdings unweigerlich zur Folge, dass die vertretenen Aussagen zum Grossteil falsch sind. Diejenigen, die der SVP & Co leichtfertig Glauben schenken, "verdummen", weil sie sich vom gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Konsens immer weiter entfernen.

Und wie gesagt, das SVP-Getrolle ist ein Spiel mit dem Feuer. Es kann einfach mal ganz böse schiefgehen. Die Verwahrungsinitiative war bereits ein Schuss vor den Bug (Die Initiative wurde zwar nicht von der SVP initiiert, aber sehr stark von ihr unterstützt). Ein extrem populäres Anliegen, aber ein klarer Verstoss gegen die Menschenrechte. Afaik sind die Zuständigen immernoch am werweisen, wie die Verwahrungsinitiative praktisch umgesetzt werden soll, ohne dabei Grundrechte zu verletzen. Die Verwahrungsinitiative betrifft kaum jemanden von uns - weder als Täter noch als Opfer -, deshalb sage ich, dass es bloss ein Schuss vor den Bug war. Bei der nächsten Abstimmung sind die Folgen möglicherweise gravierender.

armi94 schrieb:Deine Hypothese mag zutreffen aber es ist fast unmöglich sie zu testen. Es ist nur schon theoretisch schwierig sich ein passendes Instrument zu überlegen damit die Ausgaben einer Partei exogen variieren und selbst dann ist die Reaktion der Gegenpartei von der exogenen Variation in den Ausgaben der anderen abhängig. Ganz zu schweigen davon, dass du nie in das Gebiet rein kommst welches man bräuchte um deine Hypothese zu testen. Im Optimum werden ja beide Parteien soviel investieren bis der Grenznutzen kleiner ist als die Grenzkosten. Unter Standardannahmen (also zuerst zunehmende marginale Stimmengewinne und dann abnehmende) trifft deine Hypothese zu dass Geld eine Rolle spielt, aber du weisst nicht wo der „Wendepunkt“ ist, du weisst nur dass sich die Parteien üblicherweise irgendwo rechts von diesem befinden. Das einzige was man von einem theoretischen Standpunkt aus sagen kann ist, dass Geld irgendwie einen Einfluss haben wird und dass es sich lohnt, aber wir werden wohl kaum je messen können wie gross der ist, wir beobachten nur die Gleichgewichte und dort hat Geld fast keinen Einfluss mehr. Zudem; Grenznutzen ist nicht nur gleich Anzahl der Stimmen, der Nutzen von Parteien resp. deren Spendern hängt wohl noch von anderen Faktoren ab.
Das stimmt natürlich.

armi94 schrieb:Für das Agendasetting ist Geld wohl von Vorteil, allerdings sind schon etliche Initiativen mit bescheidenen Mitteln gestartet worden, kann mir daher nicht vorstellen dass wir uns in einem Bereich befinden wo die Mittelunterschiede von Parteien relevant sind.
Kommt drauf an, was man mit dem Agendasetting erreichen will. Will man mit einer Initiative eine Sache durchsetzen oder will man sich selber ins Rampenlicht rücken? Trifft ersteres zu, dann braucht man nicht unbedingt viel Geld. Im letzteren Fall muss man hingegen viel Wahlkampf betreiben, damit die Wähler die Initiative mit dem Initianten in Verbindung bringen. Die SVP will ja nicht bloss Gesetze ändern, sondern sie will auch, dass alle Wähler wissen, dass es die SVP war, die die Gesetze geändert hat.

Initiativen sind ausserdem nicht die einzigen Werkzeuge fürs Agendasetting.

armi94 schrieb:Das Problem ist, dass Politiker relativ grossen Spielraum haben nach einer Wahl. Und daher können sie potentiell vom Wählerwillen abweichen. Das ist aber nicht im Sinne des Wählers, er wird die Stimme demjenigen geben, bei dem er davon ausgeht dass er seine Präferenzen am unverzerrtesten in den politischen Prozess einbringt. Wenn der Politiker jetzt möglich viele Stimmen gewinnen will, dann kann er sich mittels Ideologie selbst in seinem Handlungsraum einschränken und wird dadurch von gewissen Wählern eher gewählt. Dieses Signal ist umso stärker, je weniger Vertrauen Wähler in Politiker haben und je grösser deren Spielraum ist (was voneinander abhängt). Also könnte man durch einschränken des Handlungsspielraums durch Institutionen (mehr Wettbewerb zb) erreichen, dass das Signal Ideologie nicht mehr soviel Wert hat und daher die Politiker und die Wähler Kompetenz im Wahlkampf stärker gewichten.
Ok, jetzt habe ich's verstanden. Wirklich interessante Theorie, kannte ich noch gar nicht. Ist das ein Konsens aus der Politökonomie?

armi94 schrieb:Menschenrechte und Grundrechte in der Verfassung sind evtl. näher am Atomkraftwerk. Der Verfassungstext ist es imo nicht. Das sind meistens Grundsatzentscheidungen und die Informationen darüber sind weit in der Bevölkerung verteilt. Ich bin der Überzeugung und das wird durch einen Grossteil der mir bekannten Literatur unterstützt, dass Menschen sehr gut darin sind im Kollektiv Probleme zu lösen unter gewissen Bedingungen. Auch wenn diese unglaublich komplex sind (siehe Finanzmärkte und ja; klar gibts dort Verbesserungsmöglichkeiten aber fast keiner schlägt ihn systematisch). Ich bin zudem der Meinung dass Politiker weniger objektiv und viel stärker aus dem Bauch handeln als das Volk und zudem weniger Informationen haben. Die Begründung dahinter ist das viele Informationen weit verteilt sind und die Informationsaggregation nicht systematisch geschlagen werden kann (durch Politiker) und zudem dass es ja fast per Definition schwieriger ist objektiver zu handeln als die gesamte Stimmbevölkerung in einem Land (zugegeben, trifft beschränkt zu). Ich glaube zudem auch nicht dass Bürger kürzere Horizonte haben als Politiker, eher das Gegenteil, vor allem wenn diese ihre Amzeitbeschränkung erreichen. Und wie bereits mehrfach betont, Politiker verfolgen oft andere Ziele als die, die ihre Auftraggeber wünschen. Bezüglich Denkzettelabstimmung; diese erlebt man wohl viel eher in einem Parlament als von der Bevölkerung.

Kann schon sein, dass grosse Gruppen sehr oft sehr gute Entscheidungen treffen - trotzdem bleibt das Problem der starken Ausschläge. Beispiel Atomkraft. Ein Ereignis wie Fukushima kann einen wahnsinnigen Impact auf eine Abstimmung haben, wenn die Abstimmung zufällig kurz nach dem Ereignis stattfindet. Natürlich sind auch Politiker nicht immun gegen diesen Impact, aber überstürzte Erlasse können auch schnell wieder rückgängig gemacht werden. Abstimmungsergebnisse hingegen sind fix und verbindlich.

Ich will nicht, dass hier der Eindruck entsteht, dass ich gegen Volksabstimmungen wäre oder so. Ich geben nur einige Risiken zu bedenken, die durch Populismus und Faktenuntreue noch verstärkt werden.

Bezüglich Informiertheit von Volk vs Politiker. Ich gehe schon davon aus, dass Politiker i.d.R. mehr von ihrem Fachgebiet verstehen, als das aggregierte Volk. Das hängt aber obv. sehr stark von der Person des Politikers ab.

armi94 schrieb:Bezüglich Staatsverträge vors Volk: Weiss ich nicht in welche Kategorie diese Abstimmungen fallen würde, aber per se sehe ich wenig Grund wieso Politiker bei grundlegende Staatsverträgen diese Entscheidungen besser fällen könnten (vll weniger bei einem Freihandelsabkommen mit Indien).
Vielleicht könnte das Volk tatsächlich besser entscheiden. Die Frage ist allerdings, ob es über die Sache selber oder über irgendein emotionalen Platzhalter abstimmen würde. Und je populistischer der Wahlkampf, desto grösser ist das Risiko, dass das Volk unsachlich abstimmt.

Edit: Holy shit, so viele neue Beiträge, ich muss morgen weitermachen! Gut N8 :-)


Re: Bundesratswahl durch das Volk - armi94 - 12-11-2012 12:08 AM

@Rator
Bzgl Initativen und Populismus; die SP macht doch fast dieselben Behauptungen, evtl. verpackt sie sie noch so dass sie ein wenig intellektueller tönen. Bzgl Initativen und Aufmerksamkeit, die SP versucht doch sicher dasselbe wie die SVP und alle anderen Parteien, dafür ist ja eine Partei da ;-).

Bzgl Modell, bei den Ökonomen die keinen perfekten Markt für Politiker unterstellen ists wohl ziemlich akzeptiert.

Bzgl. Emotionalität
Meiner Meinung nach hat doch genau der Atomkraftausstieg gezeigt wie emotional Politiker reagieren (klar, sie schätzen auch die Erwartungen der Bürger ab).

Bzgl. Infos
Politiker selbst können ja auch abstimmen, somit ist ihr Wissen ein Teil des aggregierten Wissens und das bedeutet implizit bei von Politikern eingeschränktem Wissen und unter der Annahme dass es noch andere mit ähnlichem Wissen gibt, dass sie fast nicht besser informiert sein können. Müssen sie aber natürlich auch nicht, solange der Unterschied entsprechend klein ist und die schlechteren Entscheidungen durch die niedrigeren Kosten der Delegation aufgehoben werden. Aber klar, es gibt Spezialgebiete wo sie besser sind und es aus bereits genannten Gründen keinen Sinn macht das Volk entscheiden zu lassen.

Bzgl Sachlichkeit
Kann man hier sicher verschiedene Argumente ins Feld führen, aber selbst eine Platzhalterabstimmung gibt wertvolle Signale über Präferenzen von Bürgern in den politischen Prozess.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - M.P.Rator - 12-11-2012 10:37 AM

Märchy schrieb:Ja aber man kann sie entweder relatvieren oder man kann sie schüren? Ich meine, hast du das Gefühl, jeder, der meint, Albaner seien grundsätzlich Schlitzer und Vergewaltiger, hat dieses Vorurteil aus eigener Erfahrung gebildet? Diese Vortueile entstehen IMO grösstenteils durch anekdotisches Hörensagen, durch Zeitungsberichte und dergleichen. Und steter Tropfen höhlt den Stein, je mehr ich solche Sachen höre/lese, desto mehr festigt das mein Vorurteil.
Richtig. Das krasse dabei ist, dass das wirklich funktioniert und dass sich die Message sogar in geringerem Ausmass auch bei Leuten verfängt, die eigentlich anderer Meinung sind. Fox News in den USA haben diese Art von Werbung perfektioniert. Da werden Unwahrheiten solange wiederholt, bis der Eindruck entsteht, es handele sich um eine weit verbreitete Meinung (was dann u.U. auch passiert). Negative Tagging (kA ob der Begriff existiert) ist eine weitere Form von Marketing: Es macht einen riesigen Unterschied in der gesellschaftlichen Wahrnehmung, ob man zB die Kämpfer im Irak als Freedom Fighters, Insurgents oder Terrorists bezeichnet. Gleiches gilt für die Menschen auf dem Tahrir Platz. Und es hat auch eine nicht zu unterschätzende Wirkung, wenn man gewisse ethnische Gruppen stets mit Kriminalität in Verbindung bringt. ZB die Roma. Ich kenne keine Roma, ich weiss nichts über sie, aber immer wenn ich was über sie höre, ist's negativ. Allmählich frage ich mich auch, was denn das für Leute sind. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass die SVP-Propaganda selbst mich beeinfluss, obwohl ich ein entschiedener Gegner der SVP bin. Was die SVP macht ist mehr als nur vorhandene Meinungen abzuschöpfen. Sie schöpft imo POTENTIAL ab und formt und artikuliert damit Meinungen.

armi94 schrieb:Bzgl Initativen und Populismus; die SP macht doch fast dieselben Behauptungen, evtl. verpackt sie sie noch so dass sie ein wenig intellektueller tönen. Bzgl Initativen und Aufmerksamkeit, die SP versucht doch sicher dasselbe wie die SVP und alle anderen Parteien, dafür ist ja eine Partei da ;-).
Es ging mir ja nur darum, festzustellen, ob Geld beim Agendasetting (zB via Initiativen) ein Vorteil ist oder nicht. Ich denke, dass die SVP hier einen Vorteil hat. Das kann man gut oder schlecht finden, fair oder unfair, das ist nicht der Punkt. Und ich behaupte auch nicht (mehr), dass Abstimmungen käuflich seien. Der Erfolg der SVP resultiert wohl aus ihrer populistischen Themenwahl und ihrem Stil. Aber ihre finanzielle Kraft hat ihr imho zweifellos dabei geholfen, aus all dem maximal Kapital zu schlagen.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - Märchy - 12-11-2012 10:57 AM

armi94 schrieb:http://jleo.oxfordjournals.org/content/27/3/485.full.pdf+html

Link zu nem aktuellen Paper, dass einen signifikanten positiven Einfluss von Geld feststellt. Kanns nicht methodisch beurteilen, aber würd mal behaupten dass es immer noch relativ massive Endogenitätsprobleme gibt.

Kannst Du vielleicht ein paar Stellen hier posten? (ich schaffs nicht, das zu öffnen, braucht wohl eine membership oder so)


Re: Bundesratswahl durch das Volk - armi94 - 12-11-2012 11:43 AM

Abstract (reicht glaubs für Aussage, Methodik ist nicht supersimpel, aber wohl noch verständlich wenn man nBachelorkurs in Ökonometrie hatte):

The conventional view in the direct democracy literature is that spending against a measure is more effective than spending in favor of a measure, but the empirical results underlying this conclusion have been questioned by recent research. We argue that the conventional finding is driven by the endogenous nature of campaign spending: initiative proponents spend more to support their ballot measure when, without that spending, their ballot measure is more likely to fail. We address this endogeneity by using an instrumental variables approach to analyze a comprehensive data set of ballot propositions in California from 1976 to 2004. We find that both support and opposition spending on citizen initiatives have strong, statistically significant, and countervailing effects. We confirm this finding by looking at time series data from early polling on a subset of these measures. Both analyses show that spending in favor of citizen initiatives substantially increases their chances of passage, just as opposition spending decreases this likelihood.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - YrrsiN - 12-11-2012 06:12 PM

Ostarr schrieb:ich denke so würde es den meisten menschen ergehen und man wählt halt eben einfach die partei, weil man sowieso keinen plan vom menschen dahinter hat, ausser es ist evtl. ein blocher oder so ähnlich....

Aber das würde doch genau dafür sprechen, dass die WählerInnen auf bekannten Inhalt zurückgreifen und dies wäre die Partei mit ihren meist schon bekannten inhaltlichen Positionen. Die Heuristik wäre hier also die "Parteiheuristik" und diese ist bei vielen schon tief eingefroren und nicht mehr veränderbar.


Eine sehr interessante Studie zeigt auf, dass die SVP die Partei ist mit dem loyalsten Wähleranteil. Sie können also am Besten von allen Parteien die Wähler an sich binden und ihre Präferenzen festigen. Man könnte nun argumentieren und behaupten, die SVP konnte ihre Wähler deshalb an sich binden, da sie am meisten Geld in den Wahlkampf gesteckt haben und somit die Präferenzen der eher unsicheren Leute umstimmen. Betrachtet man nun aber Tabelle 15 so müsste aus diesem Argument ersichtlich sein, dass der Anteil der Wechselwähler hauptsächlich zur SVP tendiert, was hingegen nicht der Fall ist. Wahlpräferenzen werden also nicht hauptsächlich durch die Grösse des Wahlkampfes bzw Wahlbudgets beeinflusst, es gbit noch viele andere Faktoren (wirtschaftliche Entwicklung, Migration, Medienereignisse, Umweltkatastrophen usw).

Interessant ist auch folgende Aussage: "Insgesamt hat der teure Wahlkampf der SVP durchaus einen Effekt auf die Kampagnenwahrnehmung. Über 60% der Befragten gaben an, die SVP mache den besten Wahlkampf." Unter den SVP-Wähler z.B meinen dann 87%, dass ihre Partei den besten Wahlkampf mache, während dies z.B. bei den SP-Anhängern nur 37% finden. Es kommt also nicht nur auf die quantitative Frage des Wahlkampfes an, sondern auch auf die qualitative (qualitativ hier nicht nur im Sinn von inhaltlich qualitativ, sondern eifach auf den Effekt Stimmen zu gewinnen (ich würde z.B. auch den SVP-Wahlkampf als "besten" bewerten, auch wenn ich ihm inhaltlich oft nicht zustimme)).
Der Frage, welche Partei am positivsten in den Medien bewertet wurde, ist man ebenfalls nachgegangen: die Pol-Parteien SP und SVP schnitten dabei bei der Wahrnehmung mit Abstand am besten ab (24 bzw 29%). So viel ich weiss hat die FDP mehr Geld investiert als die SP und dennoch keinen grossen Einfluss auf die Medienberichterstattung nehmen können (11%).
Diese obigen Argumente sprechen gegen den Einfluss von Geld, es gibt aber einen Punkt bei welchem man den Einfluss nicht abstreiten kann: die Länge des Wahlkampfs. Wahlkampf betreiben ist wichtig, wie man oben gesehen hat, aber wenn man diesen nur über 2-3 Wochen intensiv durchführen kann, hat man verloren. Gerade da die schweizerische Parteienlandschaft sehr stabil ist und eine kleine Verschiebung einen grossen Einfluss ausüben kann.

Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www2.unil.ch/selects/IMG/pdf/Selects_2011_Brochure_D.pdf">http://www2.unil.ch/selects/IMG/pdf/Sel ... hure_D.pdf</a><!-- m -->


Re: Bundesratswahl durch das Volk - armi94 - 12-11-2012 07:23 PM

Wow, nice Infos. Wobei man natürlich bezüglich der Einschätzung der eigenen Wähler und dem geführten Wahlkampf ein wenig aufpassen muss, da u.U. SP-Wähler den Wahlkampf der SP kritischer verfolgen (aufgrund von gewissen, SP-Wähler spezifischen Eigenschaften). Trotzdem sehr informativ, thx.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - YrrsiN - 12-12-2012 03:28 PM

Paxinor schrieb:Das Volk ist nicht kaufbar, oder mit billiger publicity überzeugbar... die Studien sprechen dagegen, die Beispiele in der Schweizer politik auch (ausser Blocher).

Wieso konnte deiner Meinung nach Blocher mit dem Geld die Leute zu "kaufen"? Und falls er es wirklich dank den finanziellen Mitteln geschaffen hat, wieso sollte es nicht wieder möglich sein? Wenn das Volk nicht kaufbar ist, dann sollte es ceteris paribus auch nie kaufbar sein, ansonsten stimmt deine Prämisse nicht.
Ich glaube halt eher, dass Blocher nicht dank dem Geld so viel Erfolg hatte, sondern hauptsächlich wegen seinem Charisma, Auftreten usw. und weil er die Leute besser "abholen" konnte und ihre Ängste und Interessen am besten erkannt und in politische Inhalte umgesetzt hat.


Re: Bundesratswahl durch das Volk - Paxinor - 12-13-2012 09:56 PM

ich wollte damit nicht sagen, dass blocher sein erfolg mit geld gekauft hat. es ist einfach ein empirischer datenpunkt für die "bürger werden gekauft" these... ich stimme mit dir 100% überrein warum blocher erfolg hatte