Dr. Michael Keiner "The Doc": Antwort zum Ranking
Hallo Boris,
vielen Dank für Deine wirklich gründliche e-mail zum Rankingsystem. Bevor Du es einer öffentlichen Diskussion zur Verfügung stellst, würde ich aber einige Punkte nochmals überdenken. Was mir auffällt:
1. Kein Einzelfaktor sollte in irgendeinem Punkt den Wert "0" aufweisen. Wenn Du mit 0 multiplizierst, ist der Gesamtwert immer Null. Ich sehe dies beim PTF ein, damit Turniere unter 100 € einfach nicht in der Wertung auftauchen oder beim TF Turniere unter 30 Teilnehmern. Aber, wie Du selbst sagst, Turniere mit einem SF < 30 min sind Satellites und auch das ist Poker. Warum sollte also ein Turnier mit SF 20 min einen Faktor 5 bekommen, SF 15 min aber 0 ? Alternativ könntest Du ja die Turniere mit einer Leveldauer von < 20 min mit einem Faktor 0,5 oder 0,3 ansetzen, dadurch bekommst Du dann einen Ausgleich für die größere Varianz.
2. Im Textteil schreibst Du, dass man den Buy-in Faktor durch den Preisgeldfaktor (PTF) ersetzen sollte. In der Tabelle sehen die Zahlen aber wiederum so für mich aus, als wenn Du doch das Buy-in als Bewertungsgrundlage nimmst. Ansonsten wären ja fast alle Turniere mit dem Faktor 5 zu bewerten, da es kaum Turniere mit einem Preisgeldpool unter 1.500 € gibt. Hier würde mir dann aber eine Abstufung nach oben fehlen, denn ein Turnier mit einem Preisgeldpool von 200.000 € sollte doch höher bewertet werden als ein Turnier mit 3.000 € Preisgeldpool. Sollte man tatsächlich den Preisgeldpool nehmen, wird der Faktor TF eingeschränkt, da sich die Teilnehmerzahl ja auch in der Höhe des Preisgeldpools widerspiegelt.
3. Generell sehe ich die größte Verzerrung in der Abstufung bei Deiner Formel in der Übergewichtung des SF und PTF. Wie Du im Beispiel Andreas Krause versus BobbyG zutreffend aufgeführt hast, ist eine Differenz von 25 % tatsächlich zu gering. Allerdings halte ich einen Koeffizienten von 6 evenfalls als viel zu groß. Und das liegt hauptsächlich am SF. Turniere mit schnellen Levels erfordern eine andere Strategie als "langsame" Turniere, aber auch das ist Geschicklichkeit, damit umzugehen. Nehmen wir an, Du würdest folgende Abstufung machen.
SF :
- 1Stunde Level und mehr -> 1,5
- 40min bis 59 min - > 1,3
- 30 min bis 39 min - > 1,2
- 20 min bis 29 min - > 1
- < 20 min - > 0,5
dann ergäbe die Beispielrechnung:
Andreas Krause 2. Platz in Wien: 18 * 1,5 * 5 * 5 = 675 Punkte
BobbyG 2. Platz in Wiesbaden 18 * 1,2 * 3 * 2 = 129,6 Punkte.
Wir haben jetzt immer noch einen Koeffizienten von knapp über 5 und das liegt am PTF. Wenn ich die "alte" Grundlage Buy-in nehme, wäre folgende Abstufung sinnvoller:
PTF :
- >= 1500 € - > 1,5
- 800 – 1499 € -> 1,3
- 400 – 799 € - > 1,2
- 200 – 399 € - > 1,0
- 100 – 199 € - > 0,5
- < 99 € -> 0
Jetzt sieht die Rechnung so aus:
Andreas Krause 2. Platz in Wien: 18 * 1,5 * 1,5 * 5 = 202,5 Punkte
BobbyG 2. Platz in Wiesbaden 18 * 1,2 * 1,2 * 2 = 51,84 Punkte.
Einen Koeffizienten von knapp 4 halte ich für angemessen, aber das ist wirklich Ansichtssache. Vor allem sollte eine Rangliste die "Nachhaltigkeit" bei Turniererfolgen erfassen und belohnen. Mit den von Dir vorgeschlagenen hohen Multiplikatoren kommen schnell astronomische Werte (wie bei Casinos Austria) zusammen, mit der Folge, dass der Zufallstreffer eines mäßigen Spielers bei einem sehr großen Turnier viel zu starke Gewichtung findet. (Jamie Gold führt zwar die "all time" Moneyliste an, ist aber bestimmt nicht der beste Spieler der Welt )
Ich hätte auch noch ein paar Gedanken zu einem alternativen Modell, dass den prozentualen Anteil eines Spielers am Gesamtpreispool berücksichtigt, da heute Deals häufig vorkommen. Aber das führt einfach zu weit, um es in dieses Modell kurzfristig zu integrieren. Vielleicht können wir uns ja demnächst mal darüber unterhalten.
Herzliche Grüße,
Michael
Anm. der Redaktion: Dies ist die Antwort auf den Offenen Brief von Dr. Boris "BobbyG" Fragin im letzten Gästeblog. Um Kommentare wird gebeten.
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