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Abtreibung
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M.P.Rator Offline
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Beitrag #11
Re: Abtreibung
das problem am utilitarismus ist, dass er "das grösstmögliche glück für die grösstmögliche anzahl menschen" erreichen will. was auf den ersten blick nice tönt, kann krasse folgen haben: wenn das extreme unglück von wenigen menschen vielen menschen zu mehr glück verhilft, dann isses ok. man könnte zb die unterstützung von minderheiten abschaffen, was der mehrheit sicherlich einiges geld ersparen würde.

generell bedeutet utilitarismus die diktatur der mehrheit. gar nicht so unähnlich wie es die svp immer wieder fordert. menschenrechte habe in so einer sichtweise keinen platz.
09-28-2010 05:33 PM
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YrrsiN Offline
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Beitrag #12
Re: Abtreibung
Ich glaube du hast meine 2 Sätze falsch verstanden. Der Zweite bezieht sich hier auf den Ersten und ich lehne die Abwägung von potentiellen Interessen in dieser Entscheidung ab.

Aber dass der Utilitarismus als Diktatur der Mehrheit definiert werden kann, sehe ich überhaupt nicht ein. Wenn dann vielmehr als Diktatur des Grössten Nutzens. Dies muss aber nicht unbedingt derjenige der Mehrheit sein. Und man kann bestimmt mit utilitaristischen Argumenten für die Unterstützung von Minderheiten sein (z.B. es wird ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen erzielt, wenn Minderheiten unterstützt und akzeptiert werden, welche sich dadurch besser in die Gesellschaft eingliedern und mitarbeiten können). Und dass Menschenrechte keinen Platz haben sollten versteh ich auch gar nicht. Schlussendlich ist es doch im Interesse von jedem Menschen, dass er universelle Rechte besitzt und diese auch für sich geltend machen kann. Oder auf was sollte dein letzter Satz abzielen?
09-28-2010 05:58 PM
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Paxinor Offline
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Beitrag #13
Re: Abtreibung
find utilitarismus eigentlich auch nicht besonders ansprechend, es wiederspricht einigen prinzipien, und ist in sich eine völlig unvollständige theorie

die ganze geschichte schon in grundsätze zu packen ist imo ein "fail", schlussendlich ist es viel blablabla um das was man einfach nur "fühlen" kann... auch wenn ethik ein wenig greifbarer ist, ist es so stark mit moral verbunden, das imo auch das schlussendlich enorm subjektiv ist, und defacto einfach eine moral ist, wo man versucht die eigeninteressen ein wenig zu unterdrücken, die zu einem klaren nachteil von jemand anderem führen würden...

es gibt ein paar geniale experimente zu diesen themen, die zeigen das all das philosophie zeugs am ende doch right out of the window geht: z.B. folgendes szenario:

ein zug mit 100 leuten fährt ungebremst auf die selbe kaputte brücke zu, jedoch sitzt du im leitstand des zugssystem und kannst die weiche umstellen.. dann fährt der zug auf ein gleis wo 4 leute arbeiten, wovon sicher mindestens 2 sterben werden... zwei outcomes: weiche umstellen => 2 sterben, weiche nicht umstellen => 100 sterben....stellst du die weiche um?
oder dann folgendes szenario

du siehst einen zug mit 100 menschen ungebremst auf eine kaputte brücke hinter einer kurve zufahren... jedoch steht direkt neben dem gleis ein dicker mann, den du auf die geleise schubbsen könntest, was den zugführer dazu bringen würde zu bremsen und das unglück verhindern... zwei outcomes: mann vor zug => 1 stirbt, mann nicht vor zug 100 sterben... schubbst du den mann?

man bedenke zusätzlich noch alfällige gerichtsurteile die dazu entstehen könnten, und das ersters szenario grad letzthin in der schweiz passiert ist...

gtfo utilitarismus ;-)

"also wie gesagt, ich war damals anfang 20 und ziemlich gut aussehend" - oh__mygod
09-28-2010 06:04 PM
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tron Offline
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Beitrag #14
Re: Abtreibung
@mprator: ist alles ne frage der utility kurve...

@yrrsin: das menschenrechte-beispiel bezieht sich imho z.b. auf "soll jemand gefoltert werden dürfen, wenn dadurch ganz viele menschenleben gerettet werden können?" frage.

@op: hängt obv massiv von umständen ab. im allgemeinen habe ich aber null problem mit abtreibung.

@pax: und was ist das problem mit deinen beispielen (abgesehen davon, dass sie relativ unklar sind... was passiert wenn du nix machst?). und was hat ein gerichtsurteil mit der frage zu tun?
bin mit dir einig, dass utilitarismus ned wirklich ein in sich geschlossen stringentes system ist, aber als handlungsmaxime in der absoluten mehrheit aller situationen machts für mich sinn.

ps: und ja, obv gehört der dicke mann auf die gleise und die 4 arbeiter überfahren. duh
09-28-2010 06:11 PM
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Paxinor Offline
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Beitrag #15
Re: Abtreibung
tron schrieb:@pax: und was ist das problem mit deinen beispielen (abgesehen davon, dass sie relativ unklar sind... was passiert wenn du nix machst?). und was hat ein gerichtsurteil mit der frage zu tun?
bin mit dir einig, dass utilitarismus ned wirklich ein in sich geschlossen stringentes system ist, aber als handlungsmaxime in der absoluten mehrheit aller situationen machts für mich sinn.

hab noch korrigiert: beispiel 1 ist weiche umstellen das moralisch "korrekte", was sowohl in umfragen als auch in gerichtsurteilen als solches taxiert wird, und in der intuition der meisten menschen so verankert ist, wärend beispiel zwei praktisch niemand schubsen würde, und es wohl auch gerichtliche konsequenzen hätte... wobei der einzige unterschied in den beiden szenarien die physische präsenz AM UNFALLORT des entscheidenden ist, und sonst die beispiele völlig äquivalent sind...

wenn du wirklich schubsen würdest, wärst du eine extreme ausnahme, und wenn die fragen einzeln gestellt werden, geben fast alle probanden sich wiedersprechende aussagen, sprich weiche stellen und nicht schubsen...

"also wie gesagt, ich war damals anfang 20 und ziemlich gut aussehend" - oh__mygod
09-28-2010 06:14 PM
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Paxinor Offline
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Beitrag #16
Re: Abtreibung
quelle z.B. :http://www.law.georgetown.edu/news/documents/Blech_Der_Spiegel-5.pdf

wenn ich hier noch die nächste spinoff diskussion starten dürfte, find ich all diese alten philosophischen theorien etc völlig überbewertet, genau wie alte literatur... der ganze Kant/Freud whatever bullshit ist meistens sowas von überholt, ganz zu schweigen von irgendwelchen Prosa-Autoren wie Goethe... oft gibts völlig neue forschungsergebnisse, von denen niemand was weiss, und wir alle haben noch den 100 jahre alten Crap in der Kanti/Sek gelernt, vorwiegend im Deutschunterricht...

"also wie gesagt, ich war damals anfang 20 und ziemlich gut aussehend" - oh__mygod
09-28-2010 06:22 PM
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M.P.Rator Offline
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Beitrag #17
Re: Abtreibung
YrrsiN schrieb:Und dass Menschenrechte keinen Platz haben sollten versteh ich auch gar nicht. Schlussendlich ist es doch im Interesse von jedem Menschen, dass er universelle Rechte besitzt und diese auch für sich geltend machen kann. Oder auf was sollte dein letzter Satz abzielen?
tron schrieb:@yrrsin: das menschenrechte-beispiel bezieht sich imho z.b. auf "soll jemand gefoltert werden dürfen, wenn dadurch ganz viele menschenleben gerettet werden können?" frage.
ja, das ist ein beispiel. generell gilt es für situationen, in die "man" ohne eigenes verschulden normalerweise nicht gerät. zb irreversible verwahrung von sexualstraftätern. oder allgemein die menschenrechtlich unzulässige (zu)harte bestrafung von verbrechen. utilitaristische massstäbe können fundamental wichtige errungenschaften des rechtsstaats und der demokratie untergraben.

und ob der schutz der minderheiten auch für die mehrheit +EV ist, ist eine frage der einstellung. frag mal ulrich schlüer, was er dazu meint :lol:

Paxinor schrieb:wenn ich hier noch die nächste spinoff diskussion starten dürfte, find ich all diese alten philosophischen theorien etc völlig überbewertet, genau wie alte literatur... der ganze Kant/Freud whatever bullshit ist meistens sowas von überholt, ganz zu schweigen von irgendwelchen Prosa-Autoren wie Goethe... oft gibts völlig neue forschungsergebnisse, von denen niemand was weiss, und wir alle haben noch den 100 jahre alten Crap in der Kanti/Sek gelernt, vorwiegend im Deutschunterricht...
joa, wenn man die alten lehren 1 zu 1 auf die aktuelle situation anzuwenden versucht, ist das natürlich nicht so sinnvoll. man darf aber nicht vergessen, dass genannte autoren/philosophen/wissenschaftler ein teil der geschichte sind und in ihrer zeit wichtige oder gar bahnbrechende beiträge geleistet haben. die ganz alten platos und sokrates werden ja auch immernoch gelehrt. nicht weil ihre ideen in der heutigen zeit noch besonders aktuell wären, sondern weil sie aufschlussreich für das denken ihrer epoche sind.
09-28-2010 07:14 PM
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Paxinor Offline
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Beitrag #18
Re: Abtreibung
was mich stört utilitarismus und anderen "konzepten" ist folgendes:

es ist ne super guideline, wenn es darum geht, pareto effizienz zu erreichen (jemand besser zu stellen, ohne sonst jemand schlechter zu stellen)

oder wenn es um kleine trade-offs mit grossem nutzen für jemand anders geht... dafür braucht man jedoch keine supertolle theorie, dafür reicht
"sei kein arschloch" und wir wissen alle was das richtige ist...

wo der ganze scheiss in die luft fliegt, ist dort wo mans braucht: major tradeoffs, der tot oder der andere tot, arm vs bein, kollektives wohl vs wohl des einzelnen... welche entscheidung als "richtig" empfunden wird und welche nicht hängt von nuancen der situation ab, das moralsystem ist gut definiert, unlogisch, ändert random über kulturen oder ist überall gleich... keine theorie oder irgendein konzept kann da nur irgendwas erklären...

"also wie gesagt, ich war damals anfang 20 und ziemlich gut aussehend" - oh__mygod
09-28-2010 07:29 PM
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dj_inter Offline
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Beitrag #19
Re: Abtreibung
@yrrsinn: ich unterstelle mir in meiner antwort, keine probleme mit dem aufziehen eines an down-syndrom erkrankten kindes zu haben, was natürlich sehr "optimistisch" ist. ich kann das hier und jetzt gar nicht wissen. trotzdem finde ich, muss man bei einer abtreibung auch allfällige zukünftige interessen des kindes beachten (bin mir nicht mehr so sicher, ob dies singer auch so vertritt, ist ein weilchen her).

@pax: in deinen 2 beispielen würde ich ohne zu zögern die kleinere menge personen "opfern". einzelschicksale sind imo überbewertet, was auch mein gerichtsverfahren miteinbezieht. ob ich hier nur so rede und es dann tatsächlich auch mache, ist eine andere sache. aber das kann imo niemand hier sagen. zu deinem gtfo utilitarismus: ich hatte zu beginn extrem mühe, aber es ist imo die "gerechteste" moralische konzeption von den dreien, die ich mehr oder weniger kenne (kantianismus/aristotelismus), da imo die konsequenz einer handlung mehr wert als die absicht hat. die konsequenz ist fakt, die absicht nicht.

allgemein will ich anmerken, dass wir nicht einfach von DEM utilitarismus sprechen dürfen. gibt ja nicht einfach eine konzeption und das wars. singer kenn ich nur in zusammenhang mit der abtreibung/kindstötung, hat jemand ev. weitere literatur?

Nach dem 18- ist das 12- wie 4-tabling
09-28-2010 09:01 PM
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Paxinor Offline
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Beitrag #20
Re: Abtreibung
dj_inter schrieb:@pax: in deinen 2 beispielen würde ich ohne zu zögern die kleinere menge personen "opfern". einzelschicksale sind imo überbewertet, was auch mein gerichtsverfahren miteinbezieht. ob ich hier nur so rede und es dann tatsächlich auch mache, ist eine andere sache. aber das kann imo niemand hier sagen. zu deinem gtfo utilitarismus: ich hatte zu beginn extrem mühe, aber es ist imo die "gerechteste" moralische konzeption von den dreien, die ich mehr oder weniger kenne (kantianismus/aristotelismus), da imo die konsequenz einer handlung mehr wert als die absicht hat. die konsequenz ist fakt, die absicht nicht.

ich wette das du und die anderen 15% die in solchen surveys den man schubsen würden in der echten situation das sicher nicht tun würden... dein hirn wird das verhindern... das ist typisches "system 1" und "system 2" problem, das der psychologe daniel kahneman immer so schön beschreibt... das kognitive logische system, und dann das imulsive system, das dein hirn hat... nur weil du literatur konsultiert hast, und es fair tönt und darum denkst es ist das richtige, hast du noch lange nicht diese moral... ich wette mit jedem, der jetzt behauptet er würde den mann vor den zug schubsen, dass er es nicht tun würde... und selbst wenn du es tust, kannst du 1. damit leben und 2. damit leben das es alle anderen ethisch nicht sauber finden, und es somit defacto nicht ethisch ist? wenn du tief in dich hineinkuckst, und auf den gefühl hörst, dann fühlt sich die eine situation ethischer an als die andere, da wette ich...

dieses paradox mal beiseite ist deine theorie immer noch völlig fucked up, weil du glück nicht quantitativ messen kannst und nicht jedes glückempfinden gleich viel wert hat... du weisst nicht wie glücklich das down syndrom kind ist, wenn es auf der welt ist, im vergleich zu wenn es nicht auf der welt ist. Die frage ist auch wie sehr werte ich mein persönliches unglück dadurch, dass ich ein down syndrom kind aufziehen muss... Ich mein jetzt mal angenommen es kackt mich einfach an das Down Syndrom kind aufzuziehen, ich bin zu faul, es ist mir zu blöd, ja ich habe eine grundsätzliche abneigung gegen solche untermenschen... es bereitet mir einfach weil ich ein intolerantes arschloch bin der sich nicht gerne anstrengt unglück, und zudem bin ich ein nazi und alle schwule und behinderte sollen sowieso nicht geboren werden. Du kannst dir also vorstellen es würde mich sehr sehr unglücklich machen, so ein kind aufzuziehen... warscheinlich unglücklicher als das kind glücklich ist... ist es nun völlig ethisch korrekt das kind abzutreiben für mich? das netto-glück ist sicher negativ. Abgesehen davon ist das kind bei mir sicher unglücklich... wenn ich diesen gedanken noch weiter treibe, und ich es als nazi verpasst habe das kind im 3. monat abzutreiben und es kommt auf die welt und hat down syndrom, darf ich es dann umbringen, weil es wird bei mir sicher nicht glücklich sein, und ich bin auch nicht glücklich mit dem kind.

Oder wenn ich den gedanken wieder zurück in die Realität bringen darf haben ich und meine freundin eine sehr stabile, emotional gesunde beziehung und wir können beide gut mit Kindern. ist es somit ethisch verwerflich das wir verhüten, und somit einem kind die möglichkeit nehmen in einem glücklichen umfeld aufzuwachsen? das nettoglück ist sicher positiv, und eigentlich haben wir aus rein egoistischen gründen keine kinder... wir wollen nämlich in schöne und teure ferien...

Glaub mir ich zerfetz dir jegliche logik oder ein utilitaristisches framework egal was du schreibst weil es geht hinten und vorne nicht auf... moral ist nicht ein in sich geschlossenes system, es ist einfach wie es ist... das in ein Nutzenkonzept zu zwängen macht null sinn...

zu behaupten die konsequenz stehe in jedem fall vor der handlung ist einfach viel zu wenig weit gedacht...

"also wie gesagt, ich war damals anfang 20 und ziemlich gut aussehend" - oh__mygod
09-28-2010 10:45 PM
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